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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Übersichtsband, 2. Abtheilung: Geschichtlicher Theil

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und ihre freudige Mitwirkung an den Aufgaben des Staates zu entfesseln vermochte. Der 
Boden des Absolutismus wurde verlassen; der Monarch faßte den hochherzigen Entschluß, 
seine Machtbefugnisse mit seinen Völkern zu theilen. Im Laufe des Jahres 1860, unter 
dem Ministerium Golnchowski erfloß das October-Diplom, welches dem Reiche eine 
Reprüsentativ-Verfassung gab. Das October-Diplom bedeutete für Ungarn die theilweise 
Wiederherstellung seiner alten Verfassung, für die österreichischen Kronländer wurde der 
Schwerpunkt in die Landtage verlegt. Daher stieß dasselbe in der westlichen Hälfte der 
Monarchie auf den Widerspruch der centralistisch gesinnten Partei, der das föderalistisch 
angehauchte Diplom zu weitgehend schien, und auf den Widerspruch Ungarns, welches sich 
auf den Boden der Rechtscontinuität stellte und seine ganze avitische Verfassung ein 
schließlich der Modificationen des Jahres 1848 verlangte. Unter diesen Verhältnissen 
gewann innerhalb der leitenden Kreise zunächst jene Partei die Oberhand, welche den seit 
1848 herrschenden Ideen, wenigstens insofern es sich nm die Centralisirung des Reiches 
handelte, zugethan war, während sie freilich den absolutistischen Formen, in denen dieselbe 
gehandhabt wurde, abhold war. An die Stelle des October-Diploms trat 1860 unter dem 
Ministerium Schmerling das Februar-Patent, der Form nach blos die specielle Durch 
führung des ersteren, in Wirklichkeit der Ausgangspunkt des Versuches, die Monarchie 
statt wie bisher auf absolutistischer Grundlage, nun vielmehr auf constitutionellem Wege 
zu centralisiren. Wie jener frühere Versuch so ist auch dieses System gescheitert, da es nicht 
stark genug war, um den Eintritt der Ungarn in den sogenannten weiteren Reichstag zu 
erzwingen und den Austritt der Cechen aus dem engeren hintanzuhalten, während zugleich 
auch der Versuch, durch Wahrung österreichischen Einflusses in Deutschland den deutschen 
Einfluß in Österreich zu erhöhen, mißlang. Noch einmal wurde die Verfassung sistirt, noch 
einmal (unter dem Ministerium Belcredi) kehrte man ans den Standpunkt des October- 
Diploms zurück. Da führten die Ereignisse des Jahres 1866 eine plötzliche Wendung 
herbei; wie vor sieben Jahren Solferino, so brachte jetzt Königgrätz die Verfassungsfragen 
in raschen Fluß. 
Längst drängte das fortgesetzte Ringen Österreichs mit Preußen um die Hegemonie 
in Deutschland einer Entscheidung entgegen, umsomehr als ersteres die Einbuße an Macht, 
die es im Süden der Alpen erlitten, durch erhöhten Einfluß im Norden derselben aus 
zugleichen bemüht war, während anderseits das Vorbild Italiens, das den Traum 
nationaler Freiheit sich erfüllen sah, auch in Deutschland die Hoffnung nationaler Einigung 
wachrief. Daß diese Einigung nicht auf dem Boden des alten Bundes gedeihen könne, war 
ebenso klar, als daß dieses Ziel nur durch die friedliche Verständigung der beiden deutschen 
Vormächte oder durch den Sieg der einen derselben über die andere erreicht werden könne. 
Nun war aber der letzte Versuch einer Verständigung auf dem Fürstencongresse zu Frankfurt
	        
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