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um den nachgerade unaufhörlichen materiellen Krisen ein Ende zu machen, nahezu
anderthalb Millionen Gulden unterschrieb. Von dieser Summe konnten wegen der
Schwierigkeiten, welche die damalige oberste politische Behörde ihrer Verwaltung bereitete,
nur 300.000 Gulden Zusammenkommen, allein sie wurden ein Fonds, dessen Zinsen dem
Nationaltheater noch jetzt einen jährlichen Zuschuß von 10.000 Gulden sichern. Die
Sammlung und Verwaltung dieses Fonds ist ein Verdienst weiland des Grafen Georg
Kärolyi, später wurde er von dem königlich ungarischen Ministerium des Innern über
nommen, das ihn als gräflich Karolyi'sche Stiftung verwaltet.
In den Sechziger-Jahren traten neben Szigligeti einige neue Schriftsteller mit
dramatischen Werken auf. Nennen wir: Eugen Räkosi („Aesopus", „Schule der Liebe",
„Andreas und Johanna"), KarlSzasz („FraterGeorg", „Herodes"), AntonZichy(„Maria
Stuart in England", „Cromwell"), Karl Ljszaki („Der Cydonapfel"), Karl P. Szathmäry
(„Die Familie Kendi", „Lncanus"), Alexander Baläzs („Im Himmel", „Warum der
Schwager nicht heiratet") und andere. Szigligeti übernahm um diese Zeit unter verschiedenen
Intendanten die Leitung des Theaters und wandte hinfort sein Hauptaugenmerk der Er
gänzung des dramatischen Personals zu. Zu Anfang dieses Jahrzehnts trat Cornelia Prielle,
die feinste ungarische Salonschauspielerin, in den Verband des Nationaltheaters und findet
noch jetzt den größten Beifall als Herzogin von Reville in der „Welt, in der man sich
langweilt" und der Titelrolle von Gregor Csikys „Großmama". Den Zuwachs zur
zweiten Generation des Nationaltheaters bildeten um diese Zeit: Naday, ein trefflicher
Salondarsteller, Benedek, als Intrigant und komischer Pedant, Frau Jda Szilägyi-Harmat
als Naive, das Ehepaar Paulai, Komäromi für Väterrollen, der ausgezeichnete Volks
liedersänger Tamäsi, die Salondame Frau Rosa Niczky-Szöllösi, Anna und Jolanthe
Szigligeti für dramatische und naive Rollen, Marie Hirtling für Conversationsrollen,
Emerich Szigeti als heiterer Charakterspieler.
Auch an der Oper bildeten sich neue ungarische Kräfte aus und füllten die Lücken,
welche der Abgang einer Cornelia Hollvsy und Kaiser-Ernst, eines Michael Füredy,
sowie der fremden Sänger verursacht hatte. Cornelia Hollosy (1827 bis 1890) war
anderthalb Jahrzehnte lang die stärkste Zugkraft der Oper und eroberte das Publikum
vollständig, nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Gesellschaft. Als Maria Gara im
„Hunyady Läszlö", als Katharina im „Nordstern" und in vielen anderen Glanzpartien ist sie
unvergeßlich geblieben. Im Jahre 1862 verließ sie die Bühne und wohnte dann als Gattin
des Obergespans Josef Lonovics im CsanäderComitat, wo sie auch starb. Jlka Mark o v ics
(Frau Pauli) wurde ihre Erbin — eine ungemein anmuthige Erscheinung und ein wohl-
ansgebildetes, angenehmes Organ gewannen ihr das Publikum bald. In demselben Jahr
zehnt erschienen an der Oper: die Altistin Sophie Hofbauer, die Sopranistin Jda Huber,