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und strebten, wie er, durch die Formen- und Farbenwelt der Renaissance begeistert auf den
Spuren der alten Meister ihre künstlerischen Ideale wahrzumachen. Than und Lotz gehören
auch jetzt zu den ungarischen Malern ersten Ranges. Lange Zeit wurden sie nur zusammen
erwähnt als die einzigen zu höheren künstlerischen Aufgaben befähigten Talente, und sie
theilten sich viele Jahre lang als unzertrennliche und richtungsverwandte Arbeitsgenossen
in die erfolgreiche Lösung jener ersten wenigen Aufgaben, welche die letzten 30 Jahre der
monumentalen Wandmalerei in Ungarn gestellt haben. Als bahnbrechender Beginn ans
diesem Felde ist ihr gemeinsam ansgeführter Fresken-Cyklus im Treppenhause der Bnda-
pester Redoute zu betrachten. Den malerisch dankbaren Stoff dazu entnahmen sie dem
ungarischen Volksmärchen von der „Fee Ilona", und zwar malte Than die wirksame
Schlnßscene in einem umfangreichen Bilde an die Hauptwand, während Lotz die einzelnen
Episoden in einem umlaufenden Fries mit malerischer Beredtsamkeit erzählte. Gleichzeitig
schmückten Than und Alexander Wagner den Speisesaal der Redonte. Da es sich hier um
den Schauplatz geräuschvoller Feste handelte, malte Than an einer der Langwände das
Gastmahl Attilas, auf der anderen Wagner ein Ofener Turnier des Königs Matthias in
lebhaften Farben und mit großer Gewandtheit.
Die verdiente Anerkennung dieser großen Werke wandte den einheimischen Talenten
einiges Vertrauen zu, selbst in Kreisen, welche sie bisher gar nicht beachtet hatten. Bald
öffnete sich ihnen ein neues Feld, denn die Treppenhalle des Nationalmuseums sollte ihren
Bilderschmuck erhalten: allegorische Deckengemälde und Wandbilder ans der ungarischen
Culturgeschichte von dem Auszug aus Asien bis zur Aufrichtung der parlamentarischen
Regierung. Gemeinsam führten sie noch die trefflichen Wandbilder in der nach Ibls
Plänen neuerbauten Bndapest-Franzstädter Kirche aus, wozu hauptsächlich das Leben des
mit Johann Hunyadi treu befreundeten Franciscanermönches Johann Capistran den Stoff
lieferte. Endlich begegnet man beiden in den allegorischen Wandgemälden des Budapester
Ostbahnhofes der ungarischen Staatsbahnen, die zu den besten decorativenLeistungen höherer
Gattung gehören. Moriz Than hat sich auch durch zahlreiche geschichtliche Staffeleibilder
hervorgethan, von denen sich in der Gallerie des Nationalmuseums hervorragende finden;
Lotz dagegen blieb der monumentalen Wandmalerei getreu und seine Meisterwerke sichern ihm
dermalen den ersten Platz auf diesem Gebiete unter allen ungarischen Künstlern. Die glän
zendste Probe seiner Gestaltungskraft gab er in der großartigen Composition, welche die Decke
des Zuschanerranmes im königlich ungarischen Opernhanse schmückt und einen Hauptschatz
des Prachtbaues bildet. Sie stellt den Olymp der Griechen dar. In kreisrundem Raume
sind, auf Wolken thronend oder im Äther schwebend, die hohen und niederen Gottheiten
des griechischen Mythos nebst ihrem Gefolge gruppirt. Der Bedeutung der Oper ent
sprechend, fällt der Ehrenplatz Apollo zu, dem Führer der Musen und Urquell der poetischen