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Die in Aguineum erhalten gebliebenen baulichen Reste der Römerherrschaft haben
wir im III. Band „Ungarn" dieses Werkes geschildert. Aus diesen zu schließen, ist es
wahrscheinlich, daß die Römer „jenseits der Donau" keine so gewaltigen Bauten aufgeführt
haben wie in anderen Ländern, z, B. in Gallien. Doch weist die der strategischen
Wichtigkeit der Gegend entsprechende Befestigung derselben, wie wir sie soeben skizzirt
haben, darauf hin, daß eine große Anzahl von Bauwerken verschiedenen Zweckes vor
handen gewesen sein muß. Ein zweifelloser Beweis dafür ist, daß die Pflugschar des
Ackersmannes sozusagen an jedem Punkte jenseits der Donau Backsteine ans Licht bringt,
die von zerstörten Gebäuden sprechen, und unter diesen Ziegeln geben viele durch die
Stempel, die sie tragen, Auskunft über die Standorte der Legionen und Cohorten, andere
über die Befehlshaber, so daß sie als Quellen zur römischen Bau- und Kriegsgeschichte
dienen. Die Ziegel der Zagio I. nckjulrix" wurden in O-Szöny, die der ZI. uckjutrix"
außer in Altofen auch in Pilis-Maröth und Duna-Pentele gefunden. Hie und da läßt
sich aus den größeren Bruchstücken der Grundmauern auch noch auf die Form des Bau
werkes ein Schluß ziehen.
Am wichtigsten sind die mit Inschriften versehenen Denksteine. Zahlreiche Altäre
und Votivsteine geben Kunde von den religiösen Zuständen der Provinz. Die meiste» sind
Votivsteine zur Ehre Jupiters.
Häufig sind ferner in der Gegend von Aquincum die dem Silvanus geweihteu
Altäre. Auch die Denkmäler dieser Gattung bezeugen, daß schon zu Ende des II. Jahr
hunderts auch in Pannonien der mysteriöse Dienst der orientalischen Gottheiten, und
zwar des Jupiter Dolichenus, beziehungsweise Mithras verbreitet war. Zu Sär-Pentele
im Weißenburger Comitat, am Sitze der römischen Staatsreligion in Unter-Pannonien,
wurde ein Votivstein gefunden, der durch die gesammte Priesterschaft der Provinz dem
Dolichenus gesetzt ist. Die auf die Kaiser bezüglichen Votivsteine und Meilenzeiger, dann
die Militärabschiede und sonstigen mit Inschriften versehenen Denkmäler, sowie überhaupt
die pannonischen Denkmäler mit sehr wenigen Ausnahmen stammen aus dem 150 Jahre
umfassenden Zeitraum zwischen der Mitte des II. und dem Beginn des IV. Jahrhunderts.
Diese Denkmäler berichten zwar über keine bedeutenderen politischen Ereignisse, wie etwa
Kaiserwahlen oder kaiserliche Aufenthalte in der Provinz, oder wichtigere kaiserliche
Verfügungen, immerhin aber stützt und erweitert ihr Inhalt unsere Kenntnisse, er enthüllt
uns zahlreiche interessante Momente der Militär- und Civilverwaltung dieser Provinz,
sowie ihres Privatlebens.
Wenn indeß ein Beschluß des römischen Senats das Andenken irgend eines Kaisers
anslöscht, so finden sich die Spuren davon auch ans den pannonischen Jnschriststeineu,
besonders den Meilenzeigern. So wurden die Namen, ja mitunter selbst die ganzen Titel