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Auch in dieser Verfassung bestand die Kirche nur hundert Jahre lang. Erzbischof
Dionys Szechi ließ sie 1450 unter Beisteuer der Gläubigen, besonders aber des Johannes
Hunyadi in einer den früheren Glanz überstrahlenden Pracht wiederherstellen. Die
Kapellen längs der Nord- und Südseite, welche nach dem Telegdi'schen Neubau durch die
Erzbischöfe Demeter (1385), Johann Kanizsa (1396) und Thomas Bakacs (1506) erbaut
wurden, trugen gleichfalls zur Großartigkeit der Kirche bei. Auch an der Nordseite befand
sich eine Kapelle, deren Ursprung unbekannt war. An die Nordwand derselben schloß
sich ein quadratisches Gebäude, dessen Obergeschoß die durch Erzbischof Johann Vitez
gegründete reiche Bibliothek enthielt. Am östlichen Ende der Nordseite befand sich der
Saal der Kirchenversammlungen. Die durch Szichi neu erbaute Kirche stand kaum hundert
Jahre; ihr Gewölbe wurde 1543 durch türkische Geschosse zertrümmert. In demselben
Jahre fiel auch die Festung in türkische Hände. Im Jahre 1594 stürzten die Geschosse des
christlichen Belagerungsheeres einen der Kirchenthürme um und dieser schlug den noch
aufrechten Theil des Schiffes durch. Im Jahre 1683 wurde die Festung den Türken
wieder entrissen; 1763 ordnete Erzbischof Franz Barköczy die Räumung des Schuttes
und die Aufnahme des Grundrisses der Kirche an. Im Jahre 1764 wurde der Ruin
vollständig, indem auch der zweite Thurm einstürzte und die ohnehin schon schadhafte
HauptMade zerschmetterte. Im Jahre 1820 wurde, als Vorbereitung für den Bau der
neuen Kathedrale, der ganze Festnngsberg regulirt, bei welchem Anlasse man auch die
letzten Überreste entfernte. Damals machte Johann Mäthes (Vetoris Xreis Strigoiriensis
.loseriptio) auf Grund der Trümmer und des Barköczy'schen Grundrisses den Versuch
einer Beschreibung und Reconstruction des Gebäudes. Nach dem Grundriß befand sich
vor der nach Westen gerichteten Hauptfaeade der Kirche nach Art der altchristlichen
Kirchen ein großer Vorhof. Von hier führte das Hauptthor in das dreischiffige Innere.
Das Mittelschiff war durch je sechs Pfeiler von den Seitenschiffen getrennt. An der
östlichen Schmalseite des Mittelschiffes war das von 1333 bis 1349 erbaute Telegdi'sche
Sanctuarium fünfseitig abgeschlossen. Jedes Seitenschiff endigte mit einer in die gerad
linige Abschlußwand vertieften Nische. An der westlichen Front erhoben sich zwei größere,
an der östlichen zwei kleinere Thürme. Die Reste des Hochbaues waren zweierlei: die
Fa^ade gehörte der um das Jahr 1200 durch Erzbischof Hiob erbauten romanischen
Kirche an, deren interessantesten Theil das mit Statuen und löwcngetragenen Säulen
geschmückte Hauptportal, die porln speoiosa, bildete. Die im Inneren befindlichen Pfeiler
von gothischer Arbeit, das Gewölbe, ferner das Sanctuarium und die Kapellen stammten
ans späterer Zeit.
Mit dem Anfang des XIII. Jahrhunderts beginnt jenseits der Donau jene Bau-
thätigkeit, deren Werke mehr oder weniger gut erhalten bis auf unsere Tage gelangt sind,