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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 4

öffentliche Bewußtsein eines Theiles der Nativn übergingen, erwähnt Somogy, unter 
deutlicher Anspielung auf die eben erwähnte Wortableitung, folgendermaßen: 
„Kornelkirschen, Äpfel, Birnen kannst hier essen, 
Doch an Wissen wird dir wenig zugemessen." 
Die erste Zeile ist wahr. Somogy war nämlich bereits die Heimat des Obstes zu einer 
Zeit, wo anderwärts gar nicht an Obstzucht gedacht wurde. Worauf beruht aber die 
zweite Zeile? Als Stefan Losonczi, der vortreffliche und bahnbrechende Schulmann, dieses 
Lehrbuch verfaßte und schier einem ganzen Jahrhundert als Erbtheil hinterließ, da gab 
es — und gab es noch drei Jahrzehnte lang nach ihm — in Somogy keine einzige Miltel 
oder Lateinschule, obgleich doch die Reformirten, wo immer sie in größerer Anzahl wohnten, 
eine Menge kleinerer Lateinschulen besaßen. Der gleichfalls reformirte Verfasser fühlte sich 
also dadurch betrübt, daß seine zahlreichenSomogyerGlaubensgenossen, die von den übrigen 
Brüdern abgcschnitten und fern von den wissenschaftlichen Mittelpunkten lebten, ihren 
Kindern nur um den Preis von schweren Opfern eine höhere Ausbildung zuwenden konnten. 
Übrigens war auch die Lage der fast dreimal so zahlreichen Römisch-Katholischen 
— von den wenigen Evangelischen A. C. ganz zu schweigen — keineswegs günstiger, ja 
eigentlich noch ungünstiger. Denn, obgleich ein Drittel des Comitats sich in geistlichen 
Händen befand, gab es doch im ganzen Comitate nicht nur kein Bisthnm, sondern 
seit der türkischen Vernichtungswirthschaft nicht einmal einen höheren geistlichen Orden 
der einigermaßen hätte Hof halten, Geschmack und Gewerbe fördern, an Cultnrzwecke 
denken und dafür Opfer bringen können. Es fehlte also der berufene und natürliche 
Erhalter der Mittelschulen, der höhere Clerus, und es fehlten die berufenen Leiter dieser 
Schulen, die Schulbrüderorden. Die Franciscaner zu Andocs, Nagyatäd, Scgesd und 
Szigetvär befaßten sich nicht mit öffentlichem Unterricht; höchstens daß sie die herrschaft 
lichen Höfe mit Erziehern und Hofkapläncn versahen. 
Doch es fand sich auch kein geeigneter Ort. Der hervorragendste war noch 
Szigetvär, auch dieser an der Grenze von Baranya gelegen und nur durch 'seine alte 
Festung und deren Ruhm gehoben. Der Comitatssitz Kaposvär selbst war eine Hörigen 
gemeinde, als deren größte Sehenswürdigkeit, außer den wenigen herrschaftlichen 
Gebäuden, ein mächtiger Weißdornbusch galt, der am Helm des einzigen Thurmes Wurzel 
geschlagen hatte und mit diesem gleichalterig zu sein schien. Dann gab es Dörfer, Dörfer 
und wiederum Dörfer, etwa vierhundert an der Zahl, alle mit geringer Einwohnerzahl, 
alle im Schooß der Wälder und Thäler verborgen. Die im Schlamm erstickenden Bäche 
breiten sich weithin als Röhricht aus. 
Viel Dörfer und noch mehr Schlösser. In manchem Dorfe stehen an der Schaf 
weide drei bis vier „Kastelle" und starren einander in die Augen. Dieser Adel bedurfte
	        
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