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dankt sie König Stefan dem Heiligen, den adeligen Rang aber, nach einer interessanten
Sage, dem König Sigismund und zwei verschmitzten Frauchen, deren muthige Treue das
Schicksal des Königs zum Guten gewendet habe. Als nämlich Sigismund durch die
Reichsstände sestgehalten, unter der Hut der Garai nach Siklös gebracht wurde, wußten
diese beiden Szentkirälyer Frauen.Katharina und Eva, ihn unter Töpferware verborgen
aus der Festung hinauszuschmuggeln. Der König erhob sie dafür in den Adelstand und
schenkte ihnen Szabadßentkiraly, ihre Nachkommen waren zahlreich und erfüllten die
ganze Gemeinde, unter deren Bewohnerinnen noch jetzt die Taufnamen Katharina und
Eva häufig Vorkommen. Es ist ein schönes Volk, selbst für Baranya, das eine schöne
Bevölkerung besitzt; und auch seine Sprache ist die reinste. Unterhalb folgt Gö rcsöny,
von der Landstraße durchschnitten, die zugleich durch einen mittelalterlichen Friedhof
gelegt ist; an den hohen Böschungen der Straße unterscheidet man eine ganze Schichte
weißer Menschenknochen. Oberhalb liegt in schönem Thale die volkreiche Gemeinde
Pettrd, einst Besitzthnm des von Somogy her bekannten Ladislaus Czindery und
damals Schauplatz einer erfolgreich betriebenen herrschaftlichen Versnchswirthschaft.
Noch denkwürdiger ist der Ort in der Geschichte der ungarischen Seidenzucht, obgleich
deren Schule das Tolnaer Comitat ist; in Pelerd hat vor 200 Jahren Johann Passardi
die Seidenzucht begonnen und die erste Seidenspinnerei errichtet.
Folgen wir der weißen Landstraße, die von Fünfkirchen weiter dem Fuß des
Mecsek entlang zieht, so wölben sich schon lauter Weinlauben über uns. Die ganze Flanke
des Gebirges ist seit uralter Zeit mit Reben bepflanzt, deren Hälfte und mehr allerdings
jetzt verwüstet ist. Und trotzdem bringt noch immer Baranya den meisten Wein hervor.
Was muß es gewesen sein, ehe die Geißel es traf! Am westlichen Ende der Gebirgsfront
steht, dem Zengö zu Füßen, an herrlich in die Weite schimmerndem Punkte, P öcsv ära d,
die Zwillingsschwester Fünfkirchens, kleiner und ärmer zwar, aber aus der Ferne gesehen
noch glänzender als seine königliche Schwester. Von der Höhe herab blicken seine zwei
weißen Kirchen, noch höher breiten sich Rebengelünde und waldige Steilhänge, thalwärts
ragen, von einem Festungswall umzogen, die Gebäude der Universitätsdomaine empor.
Seine einstige Benedictinerabtei, in der vor alters die erste medicinische Lehranstalt des
Landes blühte, war durch Stefan den Heiligen gegründet und mit Gütern, Einkünften
und einem dienstthuenden Personal ausgestattet, dessen Anzahl und Beschäftigungsarten
kein übles Licht auf den damaligen Cultnrzustand des Landes warfen; es befanden
sich nämlich unter ihnen 110 Weinbauer, 6 Gerber, 12 Drechsler, 10 Koche, 5 Gold
arbeiter u. s. f. Außer der reichen Ausstattung der Kirche werden unter den Geschenken
des heiligen Königs auch 35 Bücher erwähnt. Seine Sorgfalt lohnte sich. Hundert Jahre
später fand dort Bela der Blinde heimliche Zuflucht, dieses unglückliche und schuldlose