MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 4

398 
Das Wäschewechseln kann gleichfalls Unheil stiften. Hat das neugeborene Kind Zähne, so 
zieht man sie ihm aus. In das erste Bad wird Milch gemischt, das macht das Kind schön. 
Zu gleichem Zwecke wäscht sich der Pathe, sobald er dieses Amt übernommen hat. Wem 
mehrere Pathenkinder gestorben sind, der wird nicht zu Gevatter gebeten. Vor dem 
Kirchgang wirft die Pathin, wenn sie die Schwelle des Hauses überschreitet, Eßzeng 
über den Kopf hinter sich. Heimgekehrt, legt man den Täufling in einen Winkel und 
verrichtet geschwind irgend eine Arbeit, damit das Kind emsig werde. Ein weiblicher 
Säugling wird in einen Bienenkorb gethan, um seinerzeit viele Freier zu haben. Ein 
Kind darf man nicht zum Fenster hinausreichen, sonst Haschen es die Bösen; wenn man 
über eines hinwegschreitet, wächst cs nicht. Zwei Säuglinge gleichen Geschlechtes und 
Alters darf eine Frau nicht gleichzeitig stillen. Während des ersten Jahres wird das 
Kind nicht gekämmt und gebürstet, da es sonst an Kopfweh leiden wird; schneidet man 
ihm das Haar, so wird es dickköpfig. Trifft es der Regen, so kriegt es Sommersprossen; 
schlügt man es auf den Mund, so ist Zahnschmerz die Folge. Auch ist es nicht rathsam, 
mit einem Besen danach zu schlagen. Die Nägel werden ihm nicht abgeschnitten, sondern 
abgekaut, weil es sonst diebische Hände kriegt. Entwöhnt wird es am besten im Fasching, 
damit cs stets lustig sei, oder am St. Johannestag, zur Kirschenreife, damit es ebenso 
rvthbackig werde. Kleider darf inan ihm nicht anmessen, sonst wächst es nicht, und flicken 
darf man sie ihm am Leibe auch nicht, sonst wird es vergeßlich. Verzehrt das Kind einen 
Schweinsrüssel, so wird es im Alter alles nmwerfen und zerbrechen. So viel Schritte das 
Mädchen mit einem bloßen Fuß thut, so viele Jahre wird sie ans einen Freier warten 
müssen; der Knabe bekommt ebenso oft die Ruthe. Wenn das Kind als erste Fleischspeise 
Vogelfleisch ißt, kriegt es eine gute Stimme. 
Hochzeit. Der Jüngling läßt sich mit 18 Jahren in die „Burschenschaft" anf- 
nehmen und hat nun das Recht, „fensterln" zu gehen. Ist er mit seiner Erwählten einig 
geworden, so fragt er erst selbst bei ihren Eltern an und schickt, wenn deren Bescheid 
ermunternd geklungen, seinen Vater zur eigentlichen Brautwerbung („Bittlschaft"). Nun 
wird ein Tag zum „Gwißmachen", das heißt zurAnordnnng derVermögensfrage vereinbart. 
Diesem folgt ein Mahl, bei dem die Verlobten Geschenke tauschen. Vor der Trauung schickt 
an manchen Orten der Bräutigam der Braut ein Paar Schuhe, diese hinwieder dem 
Bräutigam ein Hemd. Die Hochzeit selbst hat wenig Eigenthümliches. Hie und da zieht 
die Braut ein zerrissenes Hemd oder einen löcherigen Strumpf an, um reich zu werden. 
Anderswo zündet man, wenn eins der Verlobten nicht tadelfrei ist, ans seiner Seite die 
Altarkerze nicht an. Zum Tanz erscheinen dieFreunde desBrüutigams zuweilen vermummt. 
Wenn die junge Frau das Haus zum ersten Male betritt, schneidet sie mit hölzernem 
Messer einen Brodlaib an und hebt die Schnitte auf; der obere Theil gehört dem Manne,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.