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Das Wäschewechseln kann gleichfalls Unheil stiften. Hat das neugeborene Kind Zähne, so
zieht man sie ihm aus. In das erste Bad wird Milch gemischt, das macht das Kind schön.
Zu gleichem Zwecke wäscht sich der Pathe, sobald er dieses Amt übernommen hat. Wem
mehrere Pathenkinder gestorben sind, der wird nicht zu Gevatter gebeten. Vor dem
Kirchgang wirft die Pathin, wenn sie die Schwelle des Hauses überschreitet, Eßzeng
über den Kopf hinter sich. Heimgekehrt, legt man den Täufling in einen Winkel und
verrichtet geschwind irgend eine Arbeit, damit das Kind emsig werde. Ein weiblicher
Säugling wird in einen Bienenkorb gethan, um seinerzeit viele Freier zu haben. Ein
Kind darf man nicht zum Fenster hinausreichen, sonst Haschen es die Bösen; wenn man
über eines hinwegschreitet, wächst cs nicht. Zwei Säuglinge gleichen Geschlechtes und
Alters darf eine Frau nicht gleichzeitig stillen. Während des ersten Jahres wird das
Kind nicht gekämmt und gebürstet, da es sonst an Kopfweh leiden wird; schneidet man
ihm das Haar, so wird es dickköpfig. Trifft es der Regen, so kriegt es Sommersprossen;
schlügt man es auf den Mund, so ist Zahnschmerz die Folge. Auch ist es nicht rathsam,
mit einem Besen danach zu schlagen. Die Nägel werden ihm nicht abgeschnitten, sondern
abgekaut, weil es sonst diebische Hände kriegt. Entwöhnt wird es am besten im Fasching,
damit cs stets lustig sei, oder am St. Johannestag, zur Kirschenreife, damit es ebenso
rvthbackig werde. Kleider darf inan ihm nicht anmessen, sonst wächst es nicht, und flicken
darf man sie ihm am Leibe auch nicht, sonst wird es vergeßlich. Verzehrt das Kind einen
Schweinsrüssel, so wird es im Alter alles nmwerfen und zerbrechen. So viel Schritte das
Mädchen mit einem bloßen Fuß thut, so viele Jahre wird sie ans einen Freier warten
müssen; der Knabe bekommt ebenso oft die Ruthe. Wenn das Kind als erste Fleischspeise
Vogelfleisch ißt, kriegt es eine gute Stimme.
Hochzeit. Der Jüngling läßt sich mit 18 Jahren in die „Burschenschaft" anf-
nehmen und hat nun das Recht, „fensterln" zu gehen. Ist er mit seiner Erwählten einig
geworden, so fragt er erst selbst bei ihren Eltern an und schickt, wenn deren Bescheid
ermunternd geklungen, seinen Vater zur eigentlichen Brautwerbung („Bittlschaft"). Nun
wird ein Tag zum „Gwißmachen", das heißt zurAnordnnng derVermögensfrage vereinbart.
Diesem folgt ein Mahl, bei dem die Verlobten Geschenke tauschen. Vor der Trauung schickt
an manchen Orten der Bräutigam der Braut ein Paar Schuhe, diese hinwieder dem
Bräutigam ein Hemd. Die Hochzeit selbst hat wenig Eigenthümliches. Hie und da zieht
die Braut ein zerrissenes Hemd oder einen löcherigen Strumpf an, um reich zu werden.
Anderswo zündet man, wenn eins der Verlobten nicht tadelfrei ist, ans seiner Seite die
Altarkerze nicht an. Zum Tanz erscheinen dieFreunde desBrüutigams zuweilen vermummt.
Wenn die junge Frau das Haus zum ersten Male betritt, schneidet sie mit hölzernem
Messer einen Brodlaib an und hebt die Schnitte auf; der obere Theil gehört dem Manne,