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die Ursache dieser Uferbildung zu ermitteln. Die ewig wandernde Fluth des Donau
stromes scheuert sich die als Ufer dienenden Hügel entlang, von denen sie unausgesetzt
Theile losspült und losreißt. Daher die fast senkrechte Steilheit.
Ohne Zweifel haben auch die Ufer bei Mama, Csitteny und Gamaßa einst durch
irgend einen riesigen Strom ihre jetzige Form erhalten. Allein woher und in welcher
Richtung mag dieser Strom seine furchtbaren Fluthen einhergewälzt haben? Jenes
Kiesgeröll, das sich nördlich der Pußta Vilagos findet, bietet in dieser Hinsicht keinerlei
Aufklärung. Es beweist nur, daß in einem früheren geologischen Zeitalter etwa l 80 Fuß
über der heutigen Oberfläche des Plattensees in der Richtung der Kiesschichte ein großer
Strom dahinzog, dessen Bett jedoch durch spätere Umgestaltungen bis zur Spnrlosigkeit
verschüttet wurde. Wenn man sich hingegen einen Riesenstrom der diluvialen Periode
denkt, der, von Veßprem her über die Gemarkungen von Szent-Kiraly-Szabadja und
Vörös-Bereny gegen Kenese hinschwenkend, durch das Thal des Siö seine brausenden
Wellen nach Südost gewälzt habe, so kann dieser Strom die wunderbaren Ufer bei
Mama und Kenese gestaltet haben. Der Wellenschlag eines stehenden Gewässers war und ist
nicht im Stande, dies zu bewirken. Aber auch von diesem gedachten diluvialen Niesenstrom
ist gegenwärtig kein Bett mehr zu finden. Spätere geologische Umbildungen haben auch
dieses begraben. Jene enge Schlucht, die von Szent Kiräly-Szabadja gegen Vörös-Bereny
hinabführt und am Fuße des Apaczafara vorbei die Richtung aus den Badeort Almädi
nimmt, mag sich an der Stelle des alten Bettes befinden, ist aber kein Überrest desselben.
Es ist die Aufgabe der aus tüchtigen Fachmännern bestehenden Plattensee-Commission,
volles Licht zu verbreiten tiber den geologischen Ursprung des Plattensees und die
Geschichte seiner Entwicklung zur gegenwärtigen Gestalt.
Auch die Farbe des Seespiegels verdient Beachtung. Diese Farbe wechselt
unausgesetzt. In plötzlichem Umschlag durchlaufen ihre mannigfaltigen Farbentöne eine
ganze Scala, vom hellglänzenden Grau angefangen durch Hellgrün und Hellblau bis zum
dunklen Grün und Blau. Oft sieht man, vom Tihanyer Gipfel oder der Akarattya-Höhe
aus, in demselben Moment diese ganze Farbenpracht vor sich anfgerollt. Die Ursache
dieser Mannigfaltigkeit sucht man auf verschiedene Art zu erklären. Ihr einziger Grund
ist jedoch, wie bei dem Meere, die Wiederspiegelung der Farben, die der wolkenlose oder
bewölkte Himmel trägt.
Zugefroren, mit Eis bedeckt, zeigt uns der Plattensee ein ganz anderes Gesicht.
Im Sommer lächelt und trauert der See mit uns, und als verstünde er das ganze
Gefühlsspiel unserer Phantasie, leben und regen sich Glanz und Getöse, Wellenschlag und
Farben seiner Fluth nach dem Pulse unserer Gedanken. Fischerkähne, Dampfschiffe und
Segelbarken schwimmen oder stehen fern auf dem See. Spähende Kraniche recken sich