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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 4

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an dm Wassersäumen. Wildgänse, Wildenten rudern zu Tausenden auf den tieferen 
Gewässern oder die inneren Ränder der Rohrwälder entlang. Über die glatte Fläche der 
Fluth oder die Reihen ihrer Wellenkämme zucken auf weißem Fittig Möven und Meer 
schwalben hin. Überall ewige Bewegung. 
Im Winter ist der Plattensee eine öde, düstere Leichengestalt für Jeden, der ihn 
im Sommer gekannt und geliebt hat. Alles mit Eis bedeckt, und das Eis überall mit 
Schnee und der Schnee überall mit Nebel. Das Eis begräbt die Farbe, den Strahlenglanz 
und jede Lebensregung. Der Nebel verhüllt uns die wechselnden Formen, ja selbst Umrisse 
der fernen jenseitigen Ufer. Was näher und was ferner, was tief und was hoch gelegen: 
in all dem finden wir uns nicht zurecht. Ist Windstille, so lastet auf unserer Seele der 
Druck einer Stummheit, wie sie vor der Schöpfung geherrscht. Braust der Sturm einher, 
so verschwindet uns Alles miteinander, die frei über die Eisfläche jagende Windsbraut 
hüllt für unser Auge den ganzen Plattensee in eine einzige graue Schneewolke ein. An 
klaren kalten Tagen sogar erblickt man nur sehr selten in der Ferne ein Fuhrwerk oder 
einen Trupp Fischer. Einzeln wagt sich kein Mensch ans den gefrorenen Plattensee 
hinaus. Dieser einsame Gang könnte der Tod sein, bei plötzlich eintretendem Sturm oder 
dichtem Nebel. 
Das Bersten des Eises geschieht mit einem furchtbaren, donnernden Krach. Der 
Riß ist oft 5, 10, 15 Kilometer lang und entsteht gewöhnlich nach der Längsrichtung 
des Sees. Das 30 bis 40 Centimeter dicke Eis klafft oft 1 bis 2 Schritt auseinander 
und in der Spalte toben die Gewässer mit freiem Wellenschlag. Was mag die Ursache 
des Berstens sein? Als Hauptursache, und vielleicht die einzige, wird der Druck des 
Windes betrachtet, der sich in der Mitte des Plattensees mit solcher Wucht auf das Eis 
legt, daß dieses, wenn auch nur unmerklich, sich auf bedeutende Strecken einbaucht und 
das Wasser gegen die beiden Ufer preßt; wenn dann der Druck des Windes aufgehört 
hat, drängt das zur Seite gepreßte Wasser an seinen Platz zurück, drückt das Eis nach 
oben und bringt es dadurch zum Bersten. Der Druck des Windes verursacht, wie die 
Entstehung der Spalte, oft auch deren abermalige Schließung. Nach einer anderen 
Auffassung jedoch, die auch auf eruste Beachtung Anspruch machen darf, wäre der rasche 
Umschlag der Temperatur die Ursache des Berstens. 
Übrigens wimmelt das Hirn der Leute von einem ganzen Schwarm falscher 
Meinungen und mit wissenschaftlichen Gründen nicht belegbarer Ansichten über den 
Plattensee. Einige derselben müssen hier erwähnt werden. 
Viele meinen und behaupten es sogar in ihren Schriften, daß das Wasser des 
Plattensees, wie das Meer, einen gewissen, wenn auch geringen Grad von Ebbe und 
Fluth besitzt, und diese Ansicht hängt mit dem Glauben zusammen, daß das Wasser des
	        
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