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Burg gefangen gesetzt wurde. Als eine der stärksten Burgen Siebenbürgens spielte Schäß-
burg unter den Fürsten eine nicht unwichtige Rolle, was ihm auch manches Ungemach und
schwere Schäden zuzog. Die Zeit Bastas (1603—1604) war besonders hart. Im
Jahre 1646 wüthete eine Pestilenz, 1676 legte ein Brand fast die ganze Stadt in Asche,
1709 war sie wieder von einer Seuche heimgesncht und 1788 brannte neuerdings etwa
ein Drittel der Stadt nieder. In Schäßbnrg wurden Georg Raköczy I. und Johann
Kemeny von den siebenbürgischen Ständen zu Fürsten gewählt; auch Achatius Barcsay
nahm hier ihren Treuschwur entgegen.
Schäßbnrg hat 9.812 Einwohner, zumeist Sachsen, der Rest Magyaren und
Rumänen. Vom Bahnhof führt eine breite Fahrstraße zwischen schönen Obstgärten nach
der Stadt. Rechts passirt man die neue Tuchfabrik, links die neue Kirche der ungarischen
Reformirten. Über die massive Kokelbrücke gelangt man in die Baiergasse, die Haupt
verkehrsader der Stadt. Hier fällt das palastartige Gebäude der staatlichen Elementar
schulen auf. Links ist der Ausblick durch den Goldberg mit seiner Zigennercolonie, rechts
durch den Schnlberg und die sogenannte Burg verstellt. Ans dem Hanptplatze sieht man
hübsche neue Privathäuser und in der unteren Zeile das neue Stadthaus.
Vom Marktplatz, der zur Zeit der Wochenmärkte ein Bild bunt bewegten Lebens
darstellt, führt gegen die Burg hin eine enge, steile Gasse unter dem Bogen des Stadt-
thurmes durch in die aus hohen Häusern bestehende Burggasse. Gleich rechts erblickt mau
das frühere „Kloster", jetzt Kirche der Evangelischen A. B. Nicht weit davon erhebt sich
eines der interessantesten Bauwerke der Stadt, der „Stundthurm", und dicht bei diesem
steht das „Alberthaus", eine sächsische Erziehungsanstalt, die dem Andenken des einstigen
Schäßburger Gymnasialprofessors Michael Albert, des trefflichsten Dichters der Sieben
bürger Sachsen, geweiht ist. Am Nordportal der Klosterkirche vorbei gelangt man zum
Comitatshause. Dieser mächtige Bau im Stile der deutschen Renaissance ist weit hinaus
ins Thal sichtbar, so daß der Reisende ihn schon weit her von den Waggonfenstern der
Eisenbahn aus erblickt. Das Innere ist geschmackvoll ausgestattet, besonders der große
Prunksaal, der Werke der einheimischen Maler Eugen Gyärfäs, Fritz Schullerus und
Ludwig Schüller enthält. Vor der Facade erhebt sich auf der Bastei die Statue Petöfis,
ein Werk Nikolaus Köllös, das am 31. Juli 1897 enthüllt wurde, dem 49. Jahrestage
der Schlacht bei Schäßbnrg, in der der Dichter fiel. Vom Burgplatz links gelangt man
durch eine Gasse und die gedeckte Schulstiege (172 Stufen) auf den Schulberg, wo die
Bergkirche und das evangelische Gymnasium Aufmerksamkeit verdienen. An diesem
Gymnasium wirkten als Professoren längere Zeit die Bischöfe Binder, Teutsch und Müller,
der bereits erwähnte Dichter Michael Albert, dann der ältere und der jüngere Karl Gooß,
letzterer einer der hervorragendsten sächsischen Gelehrten der Neuzeit. Die Bibliothek und