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Gelegenheit habe, „gegen die übrigen Nationen das Gleichgewicht zu erhalten" „und der
Gedanke — schrieb sie — daß wir die erste Anleytung dazu gegeben, uns auch in unserem
finstern Grabe tröstlich sein könne".
Auf ihren Befehl wurde eine Studienordnung geschaffen, welche den ganzen
öffentlichen Unterricht umfaßte und von der Volksschule bis zur Universität Allem Auf
merksamkeit schenkte. Auf Grund derselben errichtete sie fünf Akademien: in Raab, Tyrnau
(später nach Preßburg übersetzt), Kaschau, Großwardein und Agram. Die von Päzmany
gestiftete Tyrnauer Universität, welche im Jahre 1769 durch die medizinische Facultät
vergrößert wurde, verlegte sie zur Krönung ihres Systems nach dem Landesmittelpunkte
Ofen (1777).
Ofen erhob sich damals allmülig aus seinen Trümmern. Au Stelle des zerstörten
Palastes der alten ungarischen Könige wurde eine neue königliche Burg gebaut. Im
Jahre 1741 wurde der Gedanke wieder angeregt, daß der ungarische König in Ungarn
wohnen möge, und zwar eben dort, wo einst die alten ungarischen Könige thronten. Es
müsse daher ein Palast dort errichtet werden, wo der Palast des Königs Matthias gestanden.
Aber es fehlte an Geld. Der Staatsschatz war durch den Erbfolgekrieg erschöpft, Palatin
Johann Pälffy wandte sich daher an die Opferwilligkeit der Nation, und in kurzer Zeit
war Dank der begeisterten Freigebigkeit der Prälaten, Magnaten, Comitate und Städte
die nvthwendige Summe beisammen. An der Spitze der Sammlung stand Graf Anton
Grassalkovich, in Vielem gewissermaßen der Typus jener strebsamen, im Geiste des neuen
Zeitalters nicht mehr auf dem Schlachtfelde, sondern im Dienste des Friedens glänzenden
Aristokratie, welche zur Zeit Maria Theresias entstand oder groß wurde. In seiner Jugend
arm, fast ein Bettler, wurde er mit fünfundzwanzig Jahren schon Causarnm-Director
(Oberster Anwalt der Krone), dann nacheinander königlicher Personal, Baron, Kammer
präsident, Graf und nebstbei Herr ungemessener Güter. Darunter befand sich auch
Gödöllö, wo ihn einmal Maria Theresia besuchte (ani 10. August 1750), bei welcher
Gelegenheit, wie es Aufzeichnungen besagen, das schöne Castell mit 70.000 Lampions
beleuchtet wurde.
Am 13. Mai 1749 zog eine feierliche Procession aus der Ofener Carmeliterkirche
(dem heutigen Festungstheater) nach der Südseite des Schloßberges, wo Ruinen und
einige neuere Gebäude an Stelle des einstigen ungarischen Königspalastes standen. Der
Waizner Bischof Karl Michael Althan vollzog die kirchliche Ceremonie, Anton Grassalkovich
legte den Grundstein nieder und sein Stiefsohn, der Piarist Anton Bajtay, der später
Lehrer des Kronprinzen Josef in der ungarischen Geschichte war, hielt die Festrede. Der
neue Palast wurde unter der Leitung des Ingenieurs Hillebrant nach zwanzig Jahren
vollendet (1769).