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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 1

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wurden (sogenannte „Kanonenkreuze", noch in den Vierziger-Jahren konnte man viele 
Veteranen diese Kreuze auf der Brust tragen sehen), da hatten die in Wien versammelten 
Mitglieder des Wiener Congresses schon dieJnschrift vergessen, welche auf demErinnerungs- 
kreuze stand: „Luroxa. lidortati nssortn". Die maßgebenden Politiker schrieben den ganzen 
großen Krieg geradewegs den Freiheitsideen zur Last und glaubten infolge dessen, daß 
das Übel sich am besten durch die Ertödtung jener Ideen heilen ließe. Es bildete sich die 
„heilige Allianz". 
Die Wirkung derselben erstreckte sich auch auf Ungarn. Es blieb zwar im Besitze 
seiner Verfassung, deren Aufrechthaltung der königliche Schwur verbürgte, jedoch wurde 
der Reichstag zehn Jahre lang nicht zusammenberufen. Nur die Comitate durften ihr 
„Remonstrationsrecht" ansüben. Dem gegenüber hatte die Regierung kein anderes Schutz 
mittel, als die hervorragenderen Comitatsredner ,nci anckisiränrn vsrbura ro^inm" zu sich 
zu berufen, was so viel hieß, als die Krone in die Reihe der streitenden Parteien herabziehen. 
Die Verbreitung des Papier- und Kupfergeldes sowie die später erfolgende Werth 
verminderung desselben führte eine allgemeine Erschütterung der materiellen Verhältnisse 
herbei. Und damit der Wermuthsbecher bis zum Rande gefüllt werde, erhoben sich auch 
die Elemente feindlich gegen das Land; es folgten so schwere Mißjahre aufeinander, daß 
das Volk kaum das tägliche Brod in einem „Kanaan" genannten Lande fand; es zerrieb 
Eicheln zu Mehl. Wahrlich sehr große Lebenskraft mußte die Nation besitzen, welche aus 
so tiefem Verfall ohne fremde Mithilfe sich wieder zu erheben vermochte, und von lebhaftem 
Glauben an die Zukunft mußten jene Männer erfüllt sein, die zu Anfang dieses Jahr 
hunderts die Umgestaltung Ungarns zu einem europäischen Factor sich zur Aufgabe stellten. 
Die Regenerationsperiode begann im Jahre 1825, als der ungarische Reichstag 
nach dreizehnjähriger Unterbrechung wieder einberufen wurde. Auf diesem Reichstage 
tauchte der große Reformator Graf Stefan Szechenyi zum ersten Male auf, der gleich 
zu Beginn sein ganzes beträchtliches Einkommen eines Jahres zur Gründung einer 
ungarischen Akademie der Wissenschaften spendete. 
Es ist nicht die Aufgabe dieses Werkes, die constitntionellen Kümpfe noch den 
Widerstreit der Ideen zu schildern, deren Schauplatz Ungarn in den letzten fünfzig Jahren 
war. Diese Epoche steht uns noch viel zu nahe, als daß schon ein unparteiisches Urtheil 
über sie abgegeben werden könnte, ohne durch seine Meinung Widerspruch und Empfindlich 
keiten zu wecken. Wir können und wollen hier nur die allgemeinen Thatsachen, die concreten 
Veränderungen erwähnen, welche keinen Gegenstand der Discussion bilden können. Alte 
Ideen sind verschwunden, neue an deren Stelle getreten, und ebenso wie die geistigen Führer 
der Vergangenheit mit den damaligen Ideen rechnen mußten, so müssen hinwiederum die 
leitenden Elemente der Gegenwart die heutigen Tendenzen vor Augen haben. Der Hohn
	        
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