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Sohn Csaba rettete sich aus der Schlacht mit einem zusammengeschmolzenen Bruchstück
des Volkes. Daran knüpft sich eine der schönsten magyarisch-szeklerischen Volkssagen. Als
Csaba das Verderben der hunnischen Nation seinen Gang nehmen sah, entsendete er aus
seinem Köcher einen Zanberpfeil, wodurch er seine Mutter, die Zanberfee, zu Hilfe rief,
und wo der Pfeil im Fallen mit der Spitze stecken blieb, dort fand er das wunderwirkende
Kraut, von dessen Saft die Wunde heilt und der in der Schlacht Gefallene wieder aufsteht,
(im Volksmund heißt diese Pflanze, potorium 8nuAui8vrl)a, noch jetzt „Csabas Balsam").
Mit diesem Wundermittel erweckte er seine gefallenen Krieger wieder, stellte sie in Schlacht
ordnung und führte sie gegen den Feind. Angesichts dieses Todtenheeres faßte Entsetzen
die Gepiden und sie ließen die Überbleibsel von Csabas Volk in Frieden abziehen. Csaba
geleitete dann mit seinem beritten gemachten Todtenheer den Rest des Hunnenvolkes bis
an die Ostgrenze Siebenbürgens, wo er ihn im heutigen Szeklerlande ansässig machte,
dann aber die todten Krieger in ihr altes Vaterland, ins Land Attilas heimführte. Den
im Szeklerland znrückgelassenen Sippen aber versprach er, daß, so oft eine große Gefahr
ihnen drohen möchte, er und seine heimischen Krieger jedesmal dem Grabe entsteigen und
znrückkehren würden, sie zu erretten. So entstand die Legende vom „Erwarten Csabas".
Und oft hat sich die kleine Szeklernation in großer Gefahr befunden und ist immer durch
wahre Gotteswnnder gerettet worden (nebst seiner eigenen aufopfernden Tapferkeit), und
die Volkssage will, daß allemal Csaba und seine Hunnenkrieger aus der alten Heimat
herbeigeeilt seien, mitten durch den Himmel, unter großem Getöse, um ihre Feinde zu
zerstreuen. Jene glänzende Bahn aber quer durch den ganzen Himmel, die Milchstraße, sei
ans den Hufspuren ihrer Rosse entstanden. Das Volk nennt sie noch heute „Straße der
Heere". So knüpft sich der Sagenkreis von Attila und Csaba mittelst der Menschen
Überlieferungen eng an die festgewurzelten Thatsachen des magyarischen Gemeinglanbens.
Der zweite der magyarischen Nation verwandte Völkerschwarm, der avarische,
bewohnte unter seinen „Khaganen" dieses Land noch längere Zeit und hinterließ das
Gedüchtniß seines Verweilens in merkwürdigen Urdenkmälern. Das sind die Avarenringe
und Grabfelder, die wir bei der Beschreibung der betreffenden Orte eingehender schildern
werden. Karl der Große brach mit der vereinten Macht der fränkischen und germanischen
Heere die Kette dieser Festungswerke und rottete die ganze avarische Nation aus.
Die Idee der magyarischen Einwanderung scheint nur die Fortsetzung des Sagen
kreises von Attila und Csaba zu sein. Der Zurul" (in Adlergestalt eingefleischte Kriegs
genius) war das Sinnbild der Fahnen Attilas. Ihn führten auch die Magyaren auf ihren
Fahnen bis in die Zeit des Herzogs Gejza. Der Zurul" flog vor Attila einher in seinen
Kriegen. Der Zurul" suchte Emös auf, das Weib des im alten Vaterlande lagernden
Fürsten Ügek, und verkündete ihr im Traume die große Sendung ihres noch nngebornen
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