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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 1

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ihr steht Stephanus Martyr, der dem Kinde die Krone reicht, während zu Häupten 
Saroltas, von drei Frauengestalten begleitet, die Jungfrau Maria steht. Diese sind die 
Schicksalsfrauen (Parzen) des Urmythos, welche bei jeder Geburt zugegen sind. 
Den historischen Theil haben wir schon skizzirt; den heidnischen Sagen können wir 
noch die Überlieferungen von den Feldherren Lehel und Botond anreihen. Jener wird 
nach der verlorenen Lechschlacht zum Tode verurtheilt, stößt noch ein letztesmal in sein 
geliebtes Horn und erschlägt dann mit demselben Konrad, den siegreichen Führer der 
Feinde, indem er ihm zuruft: „Und doch wirst du mir im Jenseits dienen!" Der Andere 
aber schlägt mit einem Hiebe seiner Streitaxt eine solche Bresche in das eherne Thor des 
belagerten Byzanz, daß ein Kind durchschlüpfen kann. Das Elfenbeinhorn des Feldherrn 
Lehel bewahrt und zeigt man noch jetzt als kostbare Reliquie in der Stadt Jaszbereny. 
Aberglaube. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Geschichte der magyarischen Heidenzeit durch 
die nationalen Schriftkundigen ausgezeichnet worden. Daß sie Schriftzeichen hatten, welche 
sie in Schriftstäbe einkerbten, ist durch mancherlei Daten bezeugt; so verständigten sich 
nach Nikolaus Olähs und Verancsics' Mittheilungen die SMer in Siebenbürgen noch 
im XVI. Jahrhundert mittelst solcher Kerbschrift. Unsere christlichen Missionäre haben 
diese bis auf die letzten Reste vertilgt, begreiflich genug bei dem immer wieder aufflackernden 
Kriege, den die Anhänger der Urreligion bald in diesem, bald in jenem Theile des Landes 
führten und der in Siebenbürgen noch zweihundert Jahre nach Stefan dem Heiligen das 
Christenthum gefährdete. Die heidnischen Spielleute und Schriftkundigen sind sammt ihren 
Heldenliedern und Schriftzeichen (zum Schaden der Archäologie) zu Grunde gegangen. 
Nur in den Volksgebräuchen und im Volksaberglauben lassen sich die Reste der 
Urreligion noch ermitteln. Ein werthvolles Archiv derselben bildet Arnold Jpolyis 
Werk: „Ungarische Mythologie". Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß sich der Aberglaube 
beim magyarischen Volke nicht zur Blindgläubigkeit verhärtet, sondern sich mehr wie ein 
Spiel des Gemüths äußert. Der Fürst Stefan Bocskay wählte für jede wichtigere 
Kriegsthat, ja selbst für seine Heirat den Freitag. Außer der Gottheit und den Himmlischen 
ist der Magyare nicht geneigt, seinen Glauben irgend einem höheren Wesen zu widmen. 
Die Neigung zum Glauben an eine Feenwelt bestand am lebendigsten unter den sieben- 
bürgischen Magyaren. Siebenbürgen und Feenland hatten ehemals dieselbe Bedeutung. 
Das Wort Lsptoin eastru (Siebenbürgen) selbst gründet sich auf die von Feen errichteten 
sieben Burgen: Arany, Diva, Kecskekö, Firtos, Tartöd, Torja und Bälvänyos. Hier war 
der goldene Garten der Feen, welche einherschwebten „Nebel vor mir, Nebel hinter mir";
	        
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