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und Sonderbarkeiten sozusagen dessen Salz und Pfeffer bildet. Der immer arme, aber
gutgelaunte magyarische Zigeuner und die Purzelbäume seines Elends, das Putzige seiner
Zerlumptheit, seine mit Hohn vermischte Unterwürfigkeit, seine Unerschöpflichkeit im Spitz
findigen, die Schlauheit seiner Einfälle, spielen stark hinein ins magyarische Volksleben.
„Der Zigeuner mag das Pflügen nicht." „Nicht so schlägt man den Zigeuner." „Er lobt
ihn, wie der Zigeuner sein Pferd." Das sind alte Sprichwörter. Als einst der Zigeuner
sein Pferd verkaufte, machte er den Käufer darauf aufmerksam, daß es wahrlich gar keinen
Fehler habe, höchstens den, daß es „keine Sternguckerei treibe, kein Eisen kaue und auf
keinen Baum klettere". Erst als Jener das Pferd schon nach Hause führen wollte,
bemerkte er, daß es blind war (daher keine Sternguckerei trieb), daß es kein Gebiß ins
Maul nahm (also kein Eisen kante), und daß es, bei einer Brücke angelangt, durchaus
nicht hinüber wollte (also keinen Baum, das heißt kein Holz erkletterte).
Bemerkenswerthe Zeugnisse des magyarischen Volkshnmors sind noch die Sprich
Wörter, welche mit ihren blumigen Arabesken denen der orientalischen Völker, der Türken
und Perser gleichen; wir wollen sie im Zusammenhang mit den Volksliedern behandeln;
doch unterscheiden sie sich von ihnen durch ihre spöttischen Ausdrücke. Der kritische Sinn,
der freie Geist macht sie schon dem europäischen Westen verwandt.
Die Äußerungen des nämlichen Humors finden wir in den Volksgebränchen und
Volksmärchen. Eines der letzteren, das ich noch als kleines Kind erzählen gehört, erregt
Aufmerksamkeit durch seine naive Phantasie, welche durchaus national und in jedem
einzelnen Einfall urwüchsig ist und sich dabei mit der des deutschen Enlenspiegel parallel
entwickelt hat. Das ist das Märchen vom Csalöka Peter (Trug-Peter), der den leicht
gläubigen Leuten hundert Possen spielt. Er verkauft seine Mütze um theures Geld an
weindurstige Bursche, da sie angeblich die Zauberkraft besitze, daß man sie nur auf den
Tisch hinzuhanen brauche, damit die ganze Zeche bezahlt sei. Wie sie dann bemerken, daß
sie gefoppt sind, und über ihn herfallen, beredet er sic, vorher noch eine dem Sturze nahe
Pappel zu heben. Bald weiß er ihnen ein Pferd unter dem Sitz hervor abzuschwatzcn, bald
einen Stiefel vom Fuß herunter, indem er sich die frierenden Füße am Mondlicht wärmt.
Da binden sie ihn in einen Sack, um ihn ins Wasser zn werfen, aber selbst im Sacke weiß
er noch einen Metzger, der des Weges kommt, dranzukriegen mit dem Geschrei: „Ich will
nicht in Liptv Vicegespan werden!" — was Jenen glauben macht, man wolle da Einen
gewaltsam mit dieser Würde bekleiden, und ihn verführt, mit ihm den Platz zu tauschen,
worauf der Metzger ins Wasser geworfen wird. Csalöka Peter sucht mittlerweile mit den
Ochsen desselben das Weite. Seine Verfolger holen ihn wieder ein, da stellt er die Ochsen
an den Rand des Wassers und treibt Jene an, ins Wasser zu springen, das die Gestalten
der Ochsen wiederspicgelt; auch er, sagt er, habe die seinigen da heransgeholt. Dabei gehen