* Geschichte von Halitsch und Wend. S. 481. Engel.
378
Betrachten wir zuerst den Einfluß der fremden Elemente. Wir dürfen wohl
behaupten, daß das magyarische Volk, als es nach Pannonien kam, ebenso liederfroh war
wie heute. Wir haben historische Daten, nach denen — um von Anderem zu schweigen —
sogar die Gesetze gesungen wurden.
Die Volkslieder und die aus denselben hervorgegangene Volks- oder Tanzmusik
übten ihre Wirkung auch auf die fremdsprachigen Nachbarvölker.
Als die Ungarn 1151 in Gemeinschaft mit den Böhmen und Polen als Verbündete
des großen Fürsten Jaroslaw kämpften und mit allem Siegespomp in Kiew einzogen, wo
die Einwohner sie mit Festmahlen ehrten, schätzte sich jedes Haus glücklich, in welchem
ungarische Musik erklang. *
Welche Blüte unser Volkslied seit jener Zeit erlebt hat, dafür finden wir vier
hundert Jahre später (1544) einen verläßlichen Beleg im Epilog der Neu-Szigeter
Ausgabe von Sylvesters (des späteren Wiener Universitätsprofessors) Bibel: „In solchen
Gesängen, insonderheit in den Blumengesängen, darin jeglich Volk des ungarischen Volkes
scharfen Sinn im Erfinden bewundern konnte, was nichts anders ist denn ungarische
Poesie. Da ich bei solch herrlicher Sache solch gemeines Beispiel brauche und gleichsam
ini Miste Gold suche, ist es mir nicht darum zu thun, die Eitelkeit zu loben, ich lobe nicht
das, wovon solche Gesänge handeln, sondern ich lobe den edlen Gebrauch der Rede." Als
dieser Epilog in Neu-Sziget gedruckt wurde, da hatte sich ohne Zweifel unter den Völkern
llngarns schon endgiltig jene musikalische und sprachliche Vermischung vollzogen, welche
wir an zahllosen Wörtern und am musikalischen Rhythmus der magyarischen Sprache
beobachten können.
Demgemäß reihten sich an die Choriamben unsere Volkslieder, wie wir oben
gesehen, die unpaarigen Tactarten und außer diesen solche paarige, deren Maße, vom
Choriambus abweichend, einander gleich sind. Die unpaarigen hat, wie der Rhythmus
» selbst beweist, unser Volk von den Polen entlehnt, unter die paarigen gemischt
und in solcher Weise bis auf den heutigen Tag bewahrt. Solche Lieder wirken nicht nur
nicht störend, sondern bewirken vielmehr eine sehr interessante Abwechslung. Wir führen
als Beispiel nur eines von den Szeklerischen an:
Steht am Dor - fes
Und die Wieg' ein
Schließ die Äug - lein,
End' ein klei - nes
klei - nes Magd - lein
Lämm-chen mein, die
Stüb - chen,
schwin - get,
from - men,