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Brodfrüchte sind, deren Überschuß in immer geringerer Menge als Rohstoff ins Ausland
geht. Allerdings findet nur noch unser feinstes Mehl im Auslande Käufer, aber selbst dm
Nachahmung des Verfahrens unserer Mühlen-Jndustrie im Anslande hat dieses Product
nicht ans den reichen Städten Englands verdrängen können; in desto größerem Maßstabc
jedoch findet das schwärzere Mehl im Jnlande Absatz, wo Brodfrüchte und daraus
gewonnenes Mehl nebst Teigwaaren im Betrage von fast zweihundert Millionen jährlich
verzehrt werden, während ein Mehlüberschuß im Werthe von fast fünfzig Millionen
Gulden nach auswärts geht. Die gesammten Mühlen vermahlen rund 229 Millionen
Qnintal Getreide per Jahr, wovon nahe an 14'5 Millionen aus die Dampfmühlen
entfallen und 14 Millionen von Weizen stammen. Die eilf Budapests Dampfmühlen
allein sind imstande 600.000 Qnintal Mehl jährlich zu erzeugen, beschäftigen über
3.000 Arbeiter und verbrauchen anderthalb Millionen Quintal Kohlen. Und nicht nur
Mehl, sondern auch ein Überschuß von Teigwaaren gelangt schon zur Ausfuhr; freilich
ließe sich davon noch weit mehr erzeugen, als tatsächlich verkauft wird. Auch wächst in der
That die Anzahl der Teigwaarenfabriken von Tag zu Tag, und die Zeit ist nicht mehl
ferne, wo das berühmte englische Theegebäck nicht mehr nach Ungarn einströmen, sondern
eines von viel schmackhafterer Qualität von da ausgeführt werden wird.
Au Quantität geringer, aber gleichfalls in aufsteigender Richtung sich bewegend
erscheint die Fleischwaaren-Jndustrie. Da muß nun wohl ein Unterschied gemacht werden
einerseits zwischen dem Verbrauch von rohem Fleisch und der meist in Gestalt lebender
Thiere erfolgenden — Fleischausfuhr und anderseits den das Fleischmaterial verarbeitenden
Industriezweigen. Der Fleischconsnm der Bevölkerung ist noch einer beträchtlichen
Steigerung fähig und auch der Stand der Viehzucht ließe eine noch bedeutendere Vieh
ausfuhr zu. Eines guten Rufes erfreut sich aber schon jetzt die an vielen Punkten des
Landes betriebene Salami-Fabrication, und auch die Conserven-Productiou nimmt
immer mehr den Charakter einer Fabriks-Industrie au. Die letztere bringt in zierlichen
Blechdosen sogar mehrere Nationalspeisen in Verkehr, so namentlich das im ganzen Lande
beliebte „Gulyäs-Fleisch", welches bereits mehreren Fabriken schmeichelhafte Anerkennung
seitens der Armee eingetragen hat und in der Heeresverpflegung offenbar zu einer-
wichtigen Rolle berufen ist.
In die Reihe der Nahrungs- und zugleich Geuußmittel gehört noch der Zucker,
dessen Fabrication im Lande schon einen sicheren Boden gefunden hat. Zwar ist auf diesem
Gebiete unleugbar ein mörderischer Wettkampf unter den Staaten Europas ausgebrochen,
eine gekünstelte Zollpolitik und ein Wettlanf von Exportprämien machen es da der
schwächeren Industrie fast unmöglich zu bestehen; was jedoch die Fabncatwn bei diesem
Wettbewerb einbüßt, das wird durch die Errungenschaften einer von Tag zu Tag