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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 5, 1. Abtheilung

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Auf kirchlichem Gebiete stieß die neue Kunst auf Hindernisse, und zwar im 
XV. Jahrhundert auf die Zähigkeit des gothischen Stils, im XVI. auf die einreißende 
Unthätigkeit. Selbst zur Schaffung von Details bot sich nur wenig Gelegenheit. Demnach 
ist das Wenige, das auf diesem Gebiete entstand und erhalten blieb, von nicht geringem 
Werth, insofern cs als Beweis dient, daß es italienische Meister waren, durch welche die 
neue Kunst bis in den nördlichsten Theil des Oberlandes getragen wurde. Im Dorfe 
Hethars des Saroser Comitats zeigen das südliche und westliche Portal der kleinen 
gothischen Kirche, sowie die als Saeramentshäuschen dienende Wandnische im Inneren 
Renaissanccformen, denen man selbst in ihrem jetzigen schadhaften Zustande die einstige 
Correcthcit der Arbeit ansieht. Laut einer Inschrift am Südportal wurden diese Details 
1513 durch Meister Vincenz von Ragusa gearbeitet. Die Hand des nämlichen Meisters 
verrathen die südlichen Portale der Pfarrkirchen zu Berzevieze und Kis-Szeben, 
gleichfalls im Säroser Comitat; das zweite wird durch einen schon verzierten Renaissance 
rahmen und einen aus zwei Delphinen gefügten Giebel besonders beachtenswerth. 
Auch die Ausstattungsgegenstünde der Kirchen litten um diese Zeit sehr unter der 
Unthätigkeit. Das einzige bemerkenswerthe Denkmal ist der Hochaltar der Pfarrkirche 
zu St. Georgen(Preßburgcr Comitat),doch entschädigt dieser durch sein knnstgeschichtliches 
Interesse für Alles, was etwa untergcgangen. Er ist ein würdiges Seitenstück zum Altar 
in der Bakocz-Kapelle zu Gran, diesem hervorragenden Werke des Baumeisters und 
Bildhauers Andrea Ferrncei da Fiesole. Jener vertritt die florentinische Kunst, dieser 
die Schule des Schweizer Cantvns Tessin, wo die italienische Kunst einen äußersten 
nordwestlichen Ableger hatte. Beide stehen im Lande einzig da. Die Tessincr Schule 
war ungemein zahlreich und productiv; die Bildhauer-Baumeister von Como und Lugano 
verbreiteten sich schon im XIV. Jahrhundert über die Lombardei; im XV. Jahrhundert 
gelangten sie bis nach Venedig und Neapel; auch diesseits der Alpen tauchen sie da und 
dort auf. Besteller und Verfertiger des Altars sind dem Namen nach unbekannt, auch 
die Entstehnngszeit im Allgemeinen ist bisher nicht ermittelt; vermuthlich stammt er vom 
Ende des XV. Jahrhunderts und verdankt seinen Ursprung einem der Grafen von Bösing 
und St. Georgen, vielleicht dem Sohne Johanns III-, Graf Georg II. Dieser hat Italien 
zweimal besucht: 1452 begleitete er Kaiser Friedrich III. nach Rom und 1476 Beatrix, die 
Braut Mathias' I-, an der Spitze einer Schar von 800 Reitern von Neapel nach Ungarn. 
Dieser ans weichem Kalkstein gearbeitete und reich verzierte Altar ist ein 2 34 Meter 
breites und fast 3 Meter hohes, schwach gegliedertes, doch nach Constructivn und Form in 
sich abgeschlossenes bauliches Gebilde, das den Zweck hat, als Ständer und Nahmen für 
plastische Werke zu dienen. Der an gothische Flügclaltäre erinnernde Bau und die 
Anordnung der Blumengewinde, die bald an Maßwerk, bald an den Strebebogen der
	        
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