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Mit dem Tode Mathias' brachen für Preßburg, wie für das Land, traurige Zeiten
an. Zwar hatte der am 7. November 1491 zu Preßburg geschlossene Friede den bis zum
Kriege gesteigerten Zwistigkeiten zwischen Kaiser Friedrich und dem römischen König
Maximilian einerseits, Mathias und nach ihm Wladislans II. anderseits ein Ende
gemacht, dafür aber traten die Türken immer drohender auf und die Abwehr gegen sie
wurde unter der Herrschaft des schwachen und armen Wladislans immer unbeholfener. Sein
unglücklicher Sohn, König Ludwig II., flüchtete im September 1520 vor der ausgebrochencn
Pestilenz nach Preßburg. Von hier erließ er am 5. Februar 1524 an König Heinrich von
England jenen Brief, in dem er die durch die Türkennoth heraufbeschwornen traurigen
Umstände seines Landes schilderte und die christlichen Nationen zu Hilfe rief.
Nach der Unglücksschlacht bei Mohäcs hielten die Türken anderthalb Jahrhunderte
lang ein Drittheil des Landes besetzt. Preßburg lag zwar außerhalb ihres Eroberungskreises,
doch machte sich die bedrängte Lage des Landes in ihren Folgen auch hier nicht wenig fühlbar,
obgleich statt der eroberten Landeshauptstadt nunmehr Preßburg Metropole war. Nach
der Erwählung Ferdinands I. wurde es im Jahre 1536 durch das Gesetz als zeitweilige
Landeshauptstadt erklärt. Es fand da die Krönung von 11 Königen und 6 Königinnen
statt, dagegen hatte die Stadt mittlerweile auch schwere Belagerungen durch die Schaaren
Bocskahs, Bethlens und Tökölys ausznhalten. Bis zur Zeit Josefs II. war sie zwar Sitz
des größten Theils der obersten Staatsbehörden, an Stattlichkeit und Glanz der äußeren
Erscheinung aber nahm sie bedeutend ab. Unter Maria Theresia begann für sie eine neue
Epoche. Das Schloß wurde glänzend ausgebaut und diente derTochter derKönigin, Christine
und deren Gatten, Herzog Albrecht von Sachsen-Teschen, dem königlichen Statthalter
von Ungarn als ständiger Wohnsitz; aber auch die Königin selbst weilte gern auf dem
aussichtsreichen Hügel, zu welchem Zweck sie hart am Schlosse ein besonderes Gebäude, das
(seither gänzlich verschwundene) Theresianum aufführen ließ. Hier nahm sie die Huldigung
der Nation entgegen, hier hörte sie den ewig denkwürdigen Ruf: ,Vitam et san^ninsin!"
und hier decretirte sie die Begründung der ungarischen adeligen Leibgarde. Als im Jahre
1784 der Statthaltereirath nach Ofen verlegt wurde, hörte zwar Preßburg auf Landes
hauptstadt zu sein, doch wurden auch fernerhin die Reichstage, mit wenigen Ausnahmen,
daselbst abgehalten, bis 1848 ihre endgiltige Verlegung nach Budapest erfolgte. Der letzte
Preßburger Reichstag wurde am 7. November 1847 durch König Ferdinand V. eröffnet
und ein halbes Jahr später, 11. April 1848, wiederum durch ihn im Primatialpalais
geschlossen, wo er vorher vor den versammelten Ständen die 1848er Gesetze sanctionirt
hatte. Dies war der letzte ständische Reichstag und zugleich der letzte, der in Preßburg berieth.
Zu Beginn des Jahrhunderts wurde hier nach der Schlacht bei Austerlitz, am
26. December 1805, der Friede zwischen Napoleon I. und Kaiser Franz II. geschlossen.