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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 5, 1. Abtheilung

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Freistadt. So war es von der drückenden Herrschaft des Comitats und der Fettungs- 
commandantur befreit und begann endlich schönere Tage zu sehen. 
Tie Hoffnung auf eine bessere Zukunft wurde jedoch durch das Erdbeben von 1763 
vernichtet. Am 28. Juni Morgens, als das Volk eben in der Kirche war, erschütterte 
ein surchtbares Beben die Erde und ein erschreckendes »rachen dröhnte durch die Stadt. 
Ein Augenblick und in der ganzen Stadt war kein Haus mehr unversehrt. Tie schönsten 
Gebäude stürzten in Trümmer: die St. Andreaskirche, deren Glocken von dem starken Rütteln 
zu läuten begannen, war ein Schutthaufen. Noch an demselben Tage wurden 63 Leichen 
ans den Trümmern geholt, 102 Berwnndete starben an ihren Verletzungen. Wie um das 
Verderben voll zu machen, that sich an der Waag die Erde ans und aus dem ^chlunde 
ergoß sich ein Schwall von schmutzigem, mephitisch riechendem Schwefelwasser nebst mehr 
farbigem Sande. Spätere Erschütterungen mehrten das Entsetzen und wiederholten sich 
mit größeren und geringeren Pausen bis zum 26. September. 
Kaum war die Stadt aus ihren Trümmern wieder ausgebaut, als sie 1767 durch 
Feuer verheert wurde. Bei dieser Gelegenheit wurden dritthalbtansend Menschen obdachlose 
Bettler. Um 1783 erneuerte sich das Erdbeben, was nicht nur den Einwohnern ungeheuren 
Schaden zufügte, sondern auch die Burg unbewohnbar machte. Josef I>. überzeugte sich 
persönlich von dem Elend des unglücklichen Komorn und wollte die Bevölkerung am 
jenseitigen Ufer der Donau ansiedeln. Dieser vernünftige Plan blieb jedoch unausgeführt, 
denn das Volk klammerte sich zäh an das Nest seiner Urväter und ging mit Hand und Kops 
an die Wiederherstellung der Stadt. 
Während die durch die französische Revolution verursachten Kämpfe Städte und 
Länder zugrunde richteten, brachten sie dem alten Handel Komorns die schönste Blüte. 
Tie Glanzzeit Komorns fällt in die letzten drei Jahrzehnte des XVIII. und in die ersten drei 
des lausenden Jahrhunderts. Bis zum XVI. Jahrhundert hatten sich seine Einwohner, 
als reine Magyaren, nicht viel um den Handel gekümmert. Später aber siedelten sich in 
großer Zahl Deutsche und Griechen an. die den Unternehmungs- und Handelsgeist unter 
ihnen fo heimisch machten, daß er ihnen zur zweiten Natur wurde. Übrigens fei es zu 
ihrem Lobe gesagt, daß die Hemden Strömungen den mächtigen Gemeingent und das 
starke nationale Gefühl in ihnen nicht zu schwächen vermocht haben. Es gewann im 
Gegentheil ihr Einfluß die überhand. so daß sie die unter sie geralhencn Griechen und 
Teurschen fümmilich mit sich verschmolzen. 
Wie es in dieser ungarischen Handelsstadt zur Zeit ihrer Blüte aussah. das muth- 
maßen die jetzigen verarmten Einwohner nur aus den Überlieferungen ihrer Großväter. 
Noch vor hundert Jahren wohnten in Komorn an die fünfhundert reiche Getreidehändler; 
mancher besaß 20 bis 25 riesige Eichenfahrzeuge, die den Bacskacr Weizen nach Komorn
	        
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