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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 5, 1. Abtheilung

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die Braut fehlt. Sie ist in der Kammer versteckt, oder in der Nachbarstube, oft gar auf 
dem Hausboden. Der Brautführer wird ausgesandt sie zu suchen, der aber absichtlich ein 
anderes Mädchen hereinführt und erst das dritte Mal die Braut selbst herbeischafft. 
Noch dieser und jener Zauberbrauch, dazu einiges Gläserklirren, dann knien Braut 
und Bräutigam vor den Eltern nieder und bitten um ihren Segen, die Brautjungfern 
singen Lieder, die den Schmerz der Mutter beim Abschied von ihrer Tochter behandeln, 
und dann macht sich die Hochzeitsgesellschaft zum Kirchgang ans. Voran schreiten mit 
Musikbegleitung die beiden Beistände mit dem Bräutigam und den männlichen Gästen, 
hinter ihnen die Hochzeitmutter mit der Braut und den weiblichen Gästen; oder auch 
sie gehen paarweise und die Braut schreitet zur linken Seite eines Brautführers, wobei 
sie jedes den Zipfel eines rothen Tüchleins gefaßt halten. Die Brautführer begeben sich 
ins Pfarrhaus und übergeben die mitgebrachten Geschenke, wobei sie den Pfarrer bitten, 
sich in die Kirche zu bemühen und das Pärchen zu vereinen. Die Hochzeitsgesellschaft 
wartet vor der Kirche und die Mädchen singen Gelegenheitslieder. Bevor sich die Brautleute 
vor den Altar begeben, trachtet die Braut dem Bräutigam aus die Hacken zu treten, 
um ihn im Leben zu beherrschen. Beide sind dann bestrebt, gleichzeitig vor den Altar 
zu gelangen, denn wer zuerst hintritt, wird zuerst sterben. Im oberen Theile des 
Trentschiner Comitats hält die Braut, so lange sie vor dem Altar steht, eine Nelke im 
Munde, die sie, wenn sie sich entfernen, dem Bräutigam in den Mund steckt; das sichert 
sie vor Untreue des Gatten. 
Beim Austritt aus der Kirche wird die Hochzeitsgesellschaft von der Musik begrüßt. 
Aber schon wenige Schritte vom Kirchenthor hält der Hochzeitszug vor einem aus farbigen 
Bändern bestehenden Schranken, wo die Mädchen des Dorfes keinen durchlassen, der ihnen 
nicht ein paar Geldstücke schenkt. Der Zug begibt sich gewöhnlich nach dem Hause der 
Braut, wo ein Gastmahl stattfindet, und schließlich ist im Wirthshause ein Tanz. 
Tags darauf versammelt sich die Hochzeitsgesellschaft im Hause der Braut nochmals. 
Die Hausleute packen die Ausstattung der Braut auf einen Wagen und der Zug bewegt 
sich nach dem Hause des Bräutigams, zu Fuße oder zu Wagen, je nach der Entfernung. 
Hier empfängt der Beistand des Bräutigams den Zug und fragt zunächst die Braut, 
was sie ihnen gebracht habe; darauf antwortet diese: Gesundheit, Glück und den Segen 
Gottes. Jetzt überreicht an manchen Orten der Beistand des Bräutigams der Braut 
Geschenke: ein Paar glänzende, neue Stiefel, in deren einem sich Silbergeld, in dem 
anderen eine hübsche Schürze befindet. Dagegen verlangt auch er von der Braut ein 
Geschenk für den Bräutigam, „damit er habe, worauf das müde Haupt niederzulegen". 
Daran hat die Braut auch nicht vergessen; sie gibt ihm ein ganzes Bett voll Pölster 
nebst Federbett.
	        
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