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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 5, 1. Abtheilung

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fähigen Mädchen aber knacken eine Nuß, nehmen den Kern heraus und lassen während 
des Abendessens von jeder Speise ein Tröpfchen in die leere Nußschale fallen; dann 
binden sie die beiden halben Nußschalen fest zusammen und legen sie unter ihr Kopfkissen, 
damit sie im Traum erfahren, wen sie heiraten werden. Nach dem Abendessen kehren die 
heiratsfähigen Mädchen die Stube aus, tragen den Kehricht auf den Kreuzweg und passen 
dort auf, von welcher Seite Hnndegebell erschallen wird, denn von dieser Seite wird ihnen 
auch der Bräutigam kommen. Der schönste Weihnachtsbrauch ist jedenfalls das Weihnachts- 
Hirtenspiel, wobei fünf oder sechs junge Leute in Hirtentracht die Geschichte von Bethlehem 
in dialogischer Form vortragen und zwischendurch Gelegenheitslieder singen. Ähnlich gehen 
am Dreikönigstage die heiligen drei Könige umher. 
Die Heilung der Krankheiten versucht das Volk in erster Reihe durch Hausmittel. 
Frauen und Mädchen tragen immer einen Buschen Heilkräuter vom Felde heim und heben- 
sie sorgfältig auf. Bleibt das Heilkraut ohne Erfolg, so wird das Übel besprochen, be 
schworen. Von den Methoden des Besprechens sei die folgende erwähnt: Man legt ein 
kleines Kaninchen unter das Federbett zu Füßen des Kranken, pflanzt in zwei Enden des 
Bettes zwei Haselstecken auf, legt über sie kreuzweise einen dritten und deckt über diesen 
ein Leintuch aus schwerer Hausleinwand. Der Besprecher bewuchert nun den Kranken 
zuerst mit dem Rauche verschiedener dürrer Heilkräuter, und sagt dann den gebräuchlichen 
Beschwörungsspruch her, der mit dem Namen Christi beginnt und mit dem Wunsche 
schließt, daß die Krankheit ans dem Körper des Patienten in das zu seinen Füßen liegende 
Kaninchen fahren möge. Wieder anderer Hokuspokus kommt bei der Krankenpflege vor. 
So legt man eine Axt mit der Schneide nach oben vor das Bett des Kranken, oder ein 
Gebetbuch unter sein Kopfkissen; der Kranke muß das Hemd von links her anziehen; auch 
Blei wird über seinem Kopfe gegossen. Wer an Zahnschmerzen leidet, berührt im Frühjahr, 
wenn er das erste Mal donnern hört, seine Zähne mit kaltem Eisen u. s. w. Schwerkranke 
werden von Nachbarn und Verwandten fleißig besucht und jeder gibt einen guten Rath. 
Und diese Rathschläge finden bei den Hausleuten oft mehr Anklang, als die Weisungen 
des Arztes. Für Schwerkranke läßt man in der Kirche beten. Um das Bett des Sterbenden 
versammelt sich die Verwandtschaft, ein Mitglied der Familie zündet eine geweihte Wachs 
kerze an und hält sie dem Kranken so nahe, daß er sie mit der Hand berühren kann; die 
Familienmitglieder knien am Sterbebette nieder und beten, während zugleich Jemand 
entsendet wird, um das Zügenglöckchen zu läuten. 
Der Todte wird in seinen Feiertagskleidern aufgebahrt. Den Mädchen wird das 
Haar auseinander gekämmt und ein Kranz aufgesetzt. Die Dorfbewohner finden sich ein, 
um den Todten zu sehen; jeder Besucher kniet nieder und sagt ein kurzes Gebet, wobei 
er ein Heiligenbildchen auf die Leiche legt, die denn auch, bis sie in den Sarg gelangt,
	        
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