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ihn mit einem langstieligen Löffel (trepuuiru) gut um, damit der darin gebliebene Topfen sich
gleichmäßig vertheile, und schüttet ihn in ein reines Holzgefäß, wo der Zieger sich in Kurzem
säuert. In diesem Zustande ist er die Hauptnahrung des Schäfers und auch seines Hundes.
Aus dem Dorfe kommt selten Besuch in die Schäferei; selbst die Frau des Schäfers
geht nur des Sonntags zu ihrem Mann hinaus und bringt ihm Brod und Kartoffeln für
die ganze Woche und eine Flasche Branntwein. Der Schäfer freut sich darum nicht wenig,
wenn sich ab und zu ein Tourist zu seiner Tanya verirrt. Der schlichte Mensch empfängt
den Fremden mit großer Herzlichkeit, bewirthet ihn mit Zieger und Topfen und wäre
sehr gekränkt, wenn das abgelehnt würde, denn der Schäfer ist steif und fest überzeugt,
daß in diesem Falle die Schafe schlecht milchen werden. Aber der Schäfer hat doch kein
unbedingtes Vertrauen zum Fremden. Es gibt ja so viele böse Wesen, die in Menschen
gestalt schlüpfen, blos um dem armen Schäfer zu schaden; darum streut er immer ein
Bröcklein Salz in den Zieger, den er dem Fremden anbietet, denn das bewahrt seine
Schafe vor Schaden. Der Schäfer fürchtet den „schwarzen Pfaffen" (LoriioiciraLnik),
noch mehr aber den Werwolf (vlüoluie), einen Wolf, der Menschengestalt angenommen
hat. Den vlicoiaiv hält er für unverwundbar, so daß selbst die Flintenkugel von seinem
Leibe zurückprallt; dabei raubt der Unhold, wenn er sich an die Hürde heranmachen kann,
gleich 20 bis 30 Schafe. Der ösriroiviruLmü aber steht, wie der Schäfer sagt, in ständiger
Verbindung mit dem Drachen; auf dem Pflegt er durch die Luft zu fliegen, wobei der
lange Schweif des Drachen die Kronen der Bäume zerkrachen macht. Der Lei-uoürmLiuü
hat auch ein Buch, das kein Menschenkind in die Hand nehmen, noch weniger aber darin
lesen darf, weil sonst augenblicklich eine Menge Schlangen und Frösche aus der Erde
kriechen. Allein der Schäfer weiß sich gegen die Bösen zu schirmen; er kennt verschiedene
Pflanzen, deren Ranch sowohl den eerirolviurmük, als auch denvlüoluk von seiner Tanya
ferne hält, und zieht er gar mit seinem geweihten Rosenkranz auf der Erde einen Kreis
um sich, so kann ihm keiner der Bösen an.
So schlicht und einfach des Schäfers Leben, verlebt er seine Tage doch ganz glücklich.
Wenn der Abend auf den Wald hcrniederdunkelt, entzünden sich in den hohen Bergflanken die
Hirtenfener und aus dem Dickicht des Waldes klingen die schwermiithigen Töne der Hirten
flöte (Uujuru) ins Thal hinab. Ab und zu läßt sich auch der Dudelsack hören. Dann zünden
sie, um das Feuer hockend, ihre thönernen Stummelpfeifen an und Plaudern oder erzählen
sich Geschichten oder treiben allerlei Kurzweil. Am liebsten ist dem Schäferknecht sein Blas
instrument; was immer ihn freuen oder kränken mag, alles bläst er durch die Löcher der Flöte.
Seine Bekleidnngsstoffe verfertigt das slovakische Volk des Oberlandes meistens
selbst. Die Männer spinnen und weben aus Schafwolle das Grvbtuch für die „Halina"
(Manteltuch) und für die Sandalen. Jede gute Hausfrau baut Flachs oder Hanf;