30b
ersten Erzbischofs Haulik zum Cardinal (1856) vermochte dies nicht. Übrigens hat die
höhere Geistlichkeit auch im XIX. Jahrhundert viel für Agram geleistet. Es genüge, blos
den herrlichen Park Maximir zu nennen, der zuerst vom Bischof Maximilian Vrhovac
(1787 — 1827) aus einem Walde umgeschaffen und dem Publicum geöffnet, durch
Erzbischof Haulik (1837—1869) mit großen Kosten zu voller Schönheit entwickelt
wurde. Der Park wird heute nicht in derselben Weise gepflegt, ist aber noch immer
ein beliebter Ausflugsort der Agramer und wurde durch eine Pferdebahn mit der
Stadt verbunden.
Die Bauthätigkeit war in Agram wahrend der letzten zwei oder drei Decennien sehr
lebhaft; es entstanden das neue Theater, verschiedene Schulen, Kirchen (Renovierungen),
Kasernen, der Staatsbahnhof mit der Maschinenfabrik, viele Privathäuser und Fabriken,
darunter die Gasfabrik (1862), Lederfabrik (1869), Parquettenfabrik, Dampfmühle,
Bierbrauerei, Papierfabrik u. s. w., allein das alles genügt nocb immer nicht, um Agram
zu einer wichtigen Fabriks- und Handelsstadt zu erheben.
Agram zählt am Ausgange des XIX. Jahrhunderts sammt der Garnison über
60.000 Einwohner, macht aber den Eindruck einer Stadt von 100.000 Seelen. Nicht
nur die modernen großstädtischen Einrichtungen, wie die Wasserleitung (seit 1878),
die Gasbeleuchtung, eine vorzügliche Canalisirung, das Asphaltpflaster, die Tramway,
die luxuriös ausgestatteten Gast- und Kaffeehäuser sind es, was Agram ein großstädtisches
Aussehen verleiht, sondern das gesammte rege Culturleben mit seinen öffentlichen Denk
mälern und Anstalten, die lebhafte Beweglichkeit und der Kunstsinn seiner biederen
Einwohner und der fast übertriebene Luxus in einem einheitlichen europäischen Stile.
All dies stempelt Agram zu der letzten großen europäischen Stadt an der Schwelle des
Orients. Während andere große Städte auf der Balkanhalbinsel, wie Belgrad, Sofia,
Philippopel, Sarajevo, Athen u. s. w. eine seltsame Vermischung von orientalischem
und europäischem Wesen zur Schau tragen, ist Agram durch und durch europäisch,
und war es immer.
Agram wurde auch in neuester Zeit wiederholt durch hohe und höchste Mitglieder
unseres erhabenen Herrscherhauses besucht. 1888 kam weiland Kronprinz Erzherzog
Rudolf mit seiner hohen Gemahlin nach Agram und begeisterte alle Croaten durch seine
an die kroatische Universitätsjugend gerichtete Aufmunterung, sie möge auch weiterhin die
uralte croatische Cultursprache hegen und pflegen. Seine kaiserliche Hoheit Erzherzog
Leopold mit seiner erlauchten Familie wohnte vom Jahre 1894 bis zum Jahre 1900
in Agram, was alle Croaten mit hoher Genugthuung erfüllte. Unvergeßlich werden aber
die Octobertage 1895 den Croaten bleiben, als Seine Majestät bei seinem Besuche
Agrams mehrere Culturinstitute feierlich eröffnet?.
Croatien und Slavoinen. 20