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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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(eine Art „geriebenes Gerstl"), ein Kilogramm Speck die Woche für jeden Mann. Für- 
Geld wird selten geerntet, höchstens schlechtes Getreide für einen Taglohn von zwei Gulden. 
Im Allgemeinen erntet der Schnitter auf Antheil, auf ein Zwölftel oder bei schlechtem 
Ertrag ein Zehntel. Das heißt, jedes zehnte oder zwölfte Kreuz ist sein und der Landwirth 
läßt es für ihn auch noch einführen und austreten. So erwirbt sich der arme Mann in 
ein paar Wochen seine Nahrung für das ganze Jahr, zwölf bis fünfzehn Kübel Getreide. 
Die Erde ist die Mutter des Menschen, besonders des Ungars und ganz besonders 
des Alföld-Magyaren. Die Bewohner anderer Gegenden finden auch auf andere Weise 
Arbeit und Erwerb; Wälder, Flüsse, Felsen geben ihnen ihr Brod; der Ungar des Alföld 
hat all das nicht. Er hat nur seine flache Ebene. Reiße den Alföld-Menschen von seinem 
Boden los, du hast den Fisch aufs Trockene geworfen. Stelle ihn wieder auf seine Scholle, 
die Erde gibt ihm seine Kraft wieder wie dem Antäus. 
Ein so kleines Volk, durch das Augenglas Europas betrachtet, — aber so groß, so 
lange es ans diesem-Boden steht und dessen Krume bebaut! Da zeigt sich sein Physischer 
und intellectneller Entwicklungsgrad, seine Arbeitskraft und Ausdauer, die es vor allen 
Völkern der Welt auszeichnen. Es gibt kein Land in Europa, wo die Ausdehnung des mit 
Getreide besäten Bodens im Verhältniß zur Einwohnerzahl größer wäre als in Ungarn 
nnd kein Land, wo trotzdem die Ernte so früh und in so kurzer Zeit vor sich ginge wie 
hier. Gleichzeitig werden alle Getreidearten reif; Raps, Weizen, Korn, Gerste, Hafer, 
keines bleibt zurück. Zwei, höchstens drei Wochen, und das Feld ist abgeräumt, endlos 
reihen sich die Kreuze hin. Das süßeste Kreuz unter allen, die das Schicksal dem armen 
Manne anfgeladen hat. Und da geht es nicht so zu wie bei anderweitiger Arbeit, wo der 
schwache den Stärkeren hindert. Da gibt es keinen Schwachen; wer einer ist, verheimlicht 
es; da heißt es dem Stärkeren Nachkommen, die Sense wills und das Selbstgefühl. Von 
2 Uhr Morgens bis 11 Uhr Abends, nnd wenn der Mond scheint, selbst die ganze Nacht 
hindurch wird ohne Pause gearbeitet; zur Ruhe genügen die drei Nachtstunden nnd eine 
nach dem Mittagessen; zur Erfrischung jede Woche ein Bad im nahen Wassertümpel; zur 
Nahrung Hirsebrei, Tarhonya, Feuerfladen, Topfen, etwas Speck, Brot und Wasser. 
(Viele verhöhnen auch dieserhalb das ungarische Volk, das sich angeblich dann am 
schlechtesten nähre, wenn es der meisten Kraft bedürfe. Aber inan vernrtheile es nicht, es 
hat keine Zeit, Fleisch zu kochen.) So geht das fort von Woche zu Woche, bis Ernte, 
Einführen nnd Treten vorüber sind, zwei Monate lang. Hier und da wird einer darüber 
krank, die übrigen sind alle gesund. Selbst der Tod scheint erstaunt zu sein über einen 
solchen Anblick und läßt während dieser Zeit seine Sense ruhen. Zur Erntezeit kommen 
die wenigsten Todesfälle vor. Ans Pusztengütern und in größeren Wirthschaften sind kleine 
Hausapotheken eingerichtet. Aderlaß, Arnica, Krebsaugen, Eis, Einbrennsnppe, Thee
	        
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