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so nahm er hier seine Strafe entgegen in Form von sechs bis zwölf Schlägen mit Haselstock
oder Karbatsche.
Das junge Volk Pflegte die Zeit zwischen den zwei Gottesdiensten hier plaudernd
und spielend zu bleiben, aber ohne jedes Geräusch, denn „vor zwei Kirchen" (Kirchgängen)
ist es unschicklich, den Anger oder Spielplatz zu betreten. „Nach zwei Kirchen" ist der
Anger erlaubt, der Kirchenplatz leert sich, aber er bleibt nicht lange leer. Es erscheinen die
bejahrteren und würdigeren Männer, um im Schatten der Kirche ihre Pfeifen zu rauchen
und in stillem Gespräch die Zeit zu verbringen.
Aus der Wurzel, ja aus dem Heiligthum der Kirche sind dem Ungar auch seine
Festgebräuche entsprossen. Am reichlichsten fällt selbst dem armen Manne Weihnachten,
wo es reichlich Essen und Trinken gibt und auch die Armen und Bethlehemsgänger ihren
Theil kriegen.
In den Weihnachtskreis gehören noch die damit zusammenfallenden Namenstage
Stefan, Johann — die halbe Stadt ist auf diese getauft — sowie auch die Unschuldigen
Kindlein, an deren Tage der Bursch mit seiner vier-, acht- bis zwölffach geflochtenen
Fuchtel die Häuser, wo Mädchen wohnen, der Reihe nach abgeht und die zeternden Dirnen
ordentlich mit Schlägen auffrischt, welche allerdings gegen jede Krankheit schützen sollen.
Die ganze Woche hindurch ist in jedem Hause der Tisch gedeckt, jeder Besuch und jeder
Gruß mag reichlichen Entgelt finden in dem Vorhandenen.
Zu Ostern geht es mäßiger zu. Rothe Eier und geweihte Schinken lächeln vom
gedeckten Tische her, doch gibt es der Besucher nicht mehr so viele wie zu Weihnachten.
Desto geräuschvoller wird der zweite Osterfeiertag, an dem die jungen Leute „begießen"
gehen und das unvorsichtige Mädel am Brunnen mit vollem Eimer taufen oder dasselbe
gar gleich im Ganzen in eine Kufe hineinstellen; das vorwitzige Ding hat sich selbst in die
Gefahr gestürzt, sie ist auch nicht böse deswegen: übrigens weiß inan ja gar nicht, wozu
so etwas gut ist.
Am zweiten Ostertage geschieht auch der, übrigens nur in wenigen Gegenden
gebräuchliche Austausch der „Bruderschüssel" (mällca-lä>, eigentlich Verlobungsschüssel),
welche ein guter Bekannter oder auf nähere Bekanntschaft Begieriger, mit Gebäck und
einer Flasche Wein beladen, irgendwohin sendet, um sie von dort mit ausgetauschtem
Inhalt zurückzubekommen. Dadurch werden die beiden Parteien verbrüdert, es ist gleich
bedeutend mit dem Bruderschafttrinken.
Pfingsten geht es schon ganz still her. An seinem zweiten Tage (denn am ersten
Tage der drei großen Feiertage Pflegt man das Dorf nicht zu verlassen) kommen Gäste
über Land, und nicht mit leeren Händen. Ist kein Gast da, so geht der Landwirth Nach
mittags mit seiner Ehehälfte aufs Feld, um die Saaten in Augenschein zu nehmen.