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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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Zurückbleiben und auch die Gärtner unterhalten sich nach ihrer Fa^on. Von Einladungen 
kann auf den Puszten keine Rede sein; statt derselben stellt der Ordner an den Rand der 
Tanya ein junges Pappelstämmchen hin, von dessen Wipfel farbige Tücher wehen und 
der ganzen Puszta kundthun: „Hier wird heute Ball gegeben". 
Ans so einem Balle geigen zwei oder drei Zigeuner, die sonst Luftziegel streichen, bis 
in den späten Morgen hinein, und wenn sich kein Zigeuner findet, gibt es auf jeder Tanya 
Tambura und Zither, ja es kommen unter den Gärtnern sogar geschickte Guitarrespieler 
vor, die den leisen Klang der Saiten mit Hellem, scharfem Pfiff accompagniren. In der 
Gegend von Szentes haben sie ein Instrument Namens »tokorö" (Dreher, Haspler), mit 
Wirbel, Tasten und Saiten; sie verfertigen es an Ort und Stelle und singen zu seinem 
Klange. Der Dudelsack ist kein ungarisches Instrument. Das sanfte Weinen der Hirten 
flöte regt den Ungar melancholisch an; übrigens liebt er das Solo-Instrument nicht, mit 
Ausnahme des Cymbals, und macht sich auch nicht viel ans den Blasinstrumenten, obgleich 
jetzt schon mancherorten ganze „Pfeiferbanden" ans Bauernburschen sich gebildet haben, 
die mit ihren Blaswerkzeugen geschickt umgehen. Die Feldtrompete alten Stils (der 
berühmte lürognlo), die das leicht aufflammende Blut der Vorfahren so heiß zu entzünden 
wußte, hängt jetzt mit ausgerissener Zunge in der Alterthumskammer. Niemand weiß sie 
mehr zu blasen; ihren letzten Wehruf hat sie vor etwa achtzig Jahren von sich gegeben 
zwischen den Lippen eines kleinknmanischen Pfeifers. 
Der Ungar hat nur einen Tanz, doch zwei verschiedene Tempi. Andante wird er 
begonnen, allegro beendigt. Und zwar gilt dabei das Gesetz: Andante lang, Allegro kurz; 
freilich haben die Salons dieses Gesetz längst umgekehrt. 
Andante und Allegro (ZnssrU und „1ris8") — beim Tanz kennt das ungarische Volk 
nur diese beiden Wörter. Ebenso kennt es auch nur einen Tanz, seinen eigenen, alles 
andere nennt es „Lalnirmjka« (eigentlich: Tanz aus Kolomea). Auch der seinige heißt bei 
ihm nicht der „Ungarische", denn man weiß ja ohnehin, daß es nur ein solcher sein kann, 
— und noch weniger heißt er „Csardas", ein Wort, das er gar nicht für anständig hält, 
so daß seiner Ansicht nach der „Csardäs-Tanz" irgend ein unschicklicher Tanz sein mag, 
da er ja auch ein herausforderndes kokettes Benehmen Csardas-Benehmen nennt. Die 
Benennung „Csardas" ist denn auch nicht im Volke geboren, sondern in den Herreu 
kreisen der Vierziger-Jahre. 
In der That wird er da unten auch gar nicht so getanzt wie dort oben. Er ist im 
Ganzen wohlanständig, solid, selbst das »triss" daran, während das Znssu« (langsam) 
würdevoll erscheint; in seiner flotteren Form als „Werbertanz" (lodor?o) aber, wo 
die Bursche heraustrcten und es beim Solotanz gestattet ist, nicht nur mit den Sporen, 
sondern auch mit den flachen Händen den Tact zu schlagen, da ist er der richtige
	        
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