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patriarchalischen Gewalt der Schwiegermutter, genießt nur geringe Bequemlichkeit und
arbeitet sich vor der Zeit zugrunde.
Die Volkstracht entfaltet an Feiertagen ihre ganze abwechslungsreiche Buntheit. Am
schreiendsten erscheint die Matyö-Tracht von Mezö-Kövesd, am einfachsten die der Sajö-
Ufer, am geschmackvollsten die der Theißgegend. Aber auch hier sind die schneeweiße
Batistleinwand, die rothen Stiefel und das große Linnentuch in raschem Schwinden
begriffen. Das Weibsvolk der Matyös trug vor Alters den Rock unter der Schürze
aufgeschlagen, um dessen inneren breiten Saum und den weißen Unterrock zu zeigen. Jetzt
bringen die jungen Frauen von Kövesd den Saum des Kleides außen an, was übrigens
auch in vielen anderen Gegenden Sitte ist. Als Halsschmuck tragen die Schönen der
Ebene Korallen oder Glasperlen, an denen vorne ein Silberthaler oder „Näriüs"
(Siebzehnkreuzerstück) hängt. Die Mädchen tragen in vielen Orten der Gegend den
Jungfernkranz aus farbigem Band oder schwarzem Sammtband um die Stirne geschlungen.
Im Winter verbinden sie sich den Kopf mit einem Tuche, das sie aber in der Kirche
ablegen, da ein Mädchen barhäuptig vor Gottes Antlitz erscheinen soll, („lllnjnäoir"
bedeutet auch zugleich Mädchen und barhaupt.)
Das festtägliche Oberkleid des wohlhabenden Bauers, das er in heißem Wetter nur
leicht über die Schulter wirft, ist mit silbernen Ketten und großen Silberknöpfen reich
ausgestattet. Die wohlhabende Frau trägt eine Gold- oder Silberhaube und an der
„Mente" (Mantel) werthvolle silberne Knöpfe und Schnallen. Das Volk am Matra-Fnße
ist ferner arbeitsam, besonders der „Tatar" von Mezö-Kövesd (von seinen Nachbarn so
gescholten), der, nachdem er geschwind seine eigene Ernte daheim ins Trockene gebracht,
auch noch über die Theiß setzt, um jenseits mit der Sense und an der Maschine zu arbeiten.
Die Hauptbeschäftigungen in der Mätra-Ebene sind Landwirthschaft und Viehzucht.
Wer kein selbstgezogenes Pferd reitet, gilt unter den Landwirthen nicht viel. Aber dem
Matyö ist sein Pferd am meisten ans Herz gewachsen. Nicht um den Kirchthurm von
Kövesd möchte er ihm einen Streich versetzen, und wenn er auch noch so große Eile hat,
läßt er die Peitsche doch so schonungsvoll über dem fetten Thiere umhersausen, daß es davon
gar keine Notiz zu nehmen braucht. Er ist der richtige Beduine dieser Ebene.
Und alle Culturgewächse des magyarischen Bodens kommen in diesem Bezirke vor.
An Wein freilich hat es nur Gartengewächs. Die bemerkenswertheste, weil sauerste Sorte
ist die von Csath (Borsod). Will ein Bewohner dieses Landstrichs Hochzeit machen, oder
ist die Kirchweih im Anzug, so verschreibt er sich seinen Wein gewöhnlich aus der Erlauer
oder Miskolczer Gegend.
Die Melonen der Ortschaften Heves und Csäny sind im ganzen Lande berühmt.
Die Flächen, wo sie wachsen, waren einst mit Urwald bedeckt, von dem keine Spur mehr