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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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Auch das Collegium ist nicht mehr, was es eiusteus war. Die alten eigeuthümlichen 
Einrichtungen sind dem Zeitgeiste zum Opfer gefallen. Der ehemalige „Senior" im 
verschnürten Dolnmny mit gepudertem Haar und dreieckigem Hut ist nur noch in der 
Bibliothek der Schule als Bild zu sehen. Dort stehen auch der berühmte „große Stock" 
und der „kleine Stock"; es gibt noch jetzt Studenten, die das siebzehn Pfund schwere 
„Gerundium" (wie man den ersteren nannte) mit einer Hand zu heben versuchen, aber 
der Ruf ,aä nrirm!" erschallt nicht mehr, der die „Machinisten" zum Löschen der Feuers- 
brnnst weckte, einer Arbeit, welche jetzt durch das ständige Lvschcorps besorgt wird. Auch 
die „Toga" wird nicht mehr getragen und ebensowenig die Marderpelzmütze und der 
dreieckige „Schabbesdeckel" (so hieß er officiell) und der spätere schiefgehaute „Figaro", 
diese Uniform, welche die „Lateiner" plagte; und mit dieser Tracht sind auch jene zahl 
reichen Anekdoten verschollen, welche über den stets witzigen, stets verschmitzten Jnternats- 
schüler, den wandernden „Legaten" und „Mendicanten" (log-ütns, inoriäikms) umliefen, 
und über jene Zeit, wo der Student in kein Theater und keine Tanzunterhaltnng gehen 
und Nachts das Collegium nicht verlassen durfte, was er aber dennoch that, indem er 
einfach über die hohe Steinmauer sprang. Aus diesem Collegium ist im Laufe der Jahr 
hunderte eine ganze Phalanx ungarischer Gelehrten hervorgegangen. 
Im Jahre 1550 wurde die Schule in ein protestantisches Colleg umgewandelt. 
Acht Jahre später wurde Peter Melius von Wittenberg berufen, der es zur Blüte erhob. 
Der von Kaschau hierher geflüchtete Gallus H uszär brachte seine Druckerpresse mit und 
im Jahre 1563 errichtete auch die Stadt eine noch heute bestehende Druckerei; von da an 
wurde Debreczin, wie die Schrift sagt: „die erleuchtende Lampe Ungarns und Sieben 
bürgens". Diese Buchdruckerei ist noch jetzt Eigenthnm der Stadt. Noch größer wurde 
der Aufschwung, als um die Mitte des XVII. Jahrhunderts die Türken Großwardcin 
besetzten; das dortige Collegium verödete und seine Lehrer und Schüler fanden in Debreczin 
ein neues Helicon. Dann verschmolz noch das im Kriege vernichtete Colleg von Papa mit 
dem von Debreczin, während das von Sarospatak nach Siebenbürgen wanderte; so war 
eine zeitlang diese reformirte Hochschule die einzige in ganz Ungarn. Unter dem berühmten 
Arithmetiker Marothy stieg auch ihr geistiges Niveau höher. Vom Beginn dieses Jahr 
hunderts an wurden schon sümmtlicheLehrgegenstünde in magyarischer Sprache vorgetragen, 
mit Ausnahme der Jurisprudenz, welche lateinisch verblieb. 
Unter den vielen hervorragenden Professoren war einer, dessen Namen sogar die 
Volkssage verewigt hat, nämlich Stefan Hatvani, der „ungarische Faust". Da der 
Sagenkreis, in dessen Mittelpunkt er steht, unseres Wissens die einzige Teufelssage von 
calvinistischem Ursprung enthält, wird es nicht überflüssig sein, sie hier einznflechten. Die 
Volkssage macht Hatvani zum Zauberfürsten der Geister, der mittelst eines großen
	        
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