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einem ziemlich reichen Hasenbestand auch der träge, schwerbeleibte Trappe gerne auf
und nicht minder der außerordentlich vorsichtige, menschenscheue, herrliche Kranich, zur
besonderen Freude der berühmten Kranichjäger des Hajduckenlandes, welche diesem edlen
Thiere mit großer Ausdauer und Geschicklichkeit nachstellen.
Es gibt kaum eine Art von Jagd, die mit so viel Mühe und Vorsicht betrieben
werden müßte, aber auch so interessant ist, als die Kranichjagd. Der schöne Vogel ist
außerordentlich scheu und behutsam; bestimmt erkennt er den Jäger und fliegt um so viel
weiter, daß er ihn noch im Auge behält;
einem Graben, Heuschober oder anderen
Gegenstand, durch den gedeckt der Jäger
ihn anschleichen könnte, fliegt er niemals
nahe, sondern sucht sich stets einen Platz,
wo er nicht überrascht werden kann. Aber
selbst da wiegt er sich noch nicht in Sicher
heit, sondern, wenn auch der Schwarm
sich bereits niedergelassen und zu weiden
begonnen hat, ist doch immer mindestens
ein Wächter ausgestellt, der nicht weidet,
sondern seinen Hals so lang als möglich
reckt und aufpaßt, um auf das geringste
verdächtige Zeichen mit scharfem Ruf die
Kameraden anfzustören, worauf sich die
ganze Schar im nämlichen Augenblick
emporschwingt und wenige Minuten später
nur noch ihren schrillen Ruf aus den
Wolken herabsendet. Darum ist es eine
große Seltenheit, bei Tage einen Kranich zu schießen; das muß Nachts geschehen. Für die
Kranichjagd pflegen sich fünf bis sechs geübte Schützen zusammenznstellen, sie laden ihre
Gewehre mit doppeltem Pulver und Schrot und ziehen schon früh am Nachmittag auf eine
Puszta hinaus, wo sie glauben, daß die Kraniche zum Schlafen einkehren. Sie ducken
irgendwo unter und warten still ab, ob nicht nach irgend einer Richtung hin der Schrei
des Kranichs erschallt. Oft können sie wochenlang so umherschleichen, ehe sie auch nur die
Stimme des seltenen Vogels vernehmen. Endlich, an einem Glücksabend, da die dunkel-
rothe Scheibe der Sonne sich bereits auschickt unter den Horizont zu tauchen, schallt es
hoch ans der Luft herab: „Kru, Kru!" Bald wird der Kranichzug selbst sichtbar, wie er
sich in herrlicher Keilform dem dämmerigen Dunst des Abendhimmels entwindet und die
Hajduckischer Kleinbauer.