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halten zwar die Mondbilder für Zeichen, welche den Zeitpunkt des Todes anzeigen,
aber zumeist steht die in der Inschrift angegebene Sterbezeit im Widerspruch zu dem in
das Kopfholz eingeschnittenen Bilde des zu- oder abnehmenden Mondes. Am wahrschein
lichsten sind die Mondbilder, die oft menschlichen Gesichtern gleichen, Spuren ehemaliger
Mondanbetung. Auffallend ist es dabei noch, daß der Typus der in den Mondbildern
erscheinenden menschlichen Gesichter häufig ein ganz fremdartiger ist und eine überraschende
Ähnlichkeit mit den auf alten Fresken vorkommenden knmanischen Gesichtern hat. In
einigen Theilen der Nyirgegend herrscht auch die Sitte, das Kopfholz eines Verunglückten
roth zu bemalen.
Die Ureinwohner der Nyirgegend sind Magyaren, jene Ortschaften aber, welche
durch die Stürme der Jahrhunderte verheert wurden, bevölkerten sich später meist mit
Ansiedlern anderer Nationalitäten. Nyiregyhaza ist größtenteils slovakische Ansiedlung,
Rakamaz, Ujvencsellö, Napkor, Bäcspetri und andere sind schwäbische, Källö-Semjen,
Nyir-Adony, Nyir-Lugos walachische, ja Pätroha, Kis- und Nagy-Baka sogar alte
Zigeunercolonien. Aber auch diese Ansiedler sprechen alle schon ungarisch, znm Theil sind
sie auch gänzlich magyarisirt. Der Religion nach ist das Volk refvrmirt, römisch- und
griechisch-katholisch, doch gibt es auch Juden in bedeutender Anzahl.
Die Magyaren der Nyir, im Äußeren denen des übrigen Alföld gleich, sind ein
nüchternes, intelligentes Volk, dabei tapfer und von selbstbewußter Haltung. Sie fassen
rasch auf, sind lebhaft von Gemüthsart und interessiren sich außerordentlich für die
öffentlichen Angelegenheiten; sie lesen und politisiren sehr gern, sie sind freundlich, wenn
auch nicht frei von einem gewissen zurückhaltenden Stolz, der noch ein Erbtheü ans alter
adeliger Zeit ist. Die Urvätertilgend der Gastlichkeit ist noch heute in hohem Maße vor
handen, doch äußert sie sich nicht so maßlos wie selbst noch vor wenigen Jahrzehnten.
Damals war die übertriebene Gastfreundschaft hier und da ein förmliches Hinderlich des
freien Verkehrs. So gab es einen reichen Edelmann, der so weit ging, daß er am Ende
des Dorfes, in dem er wohnte, bewaffnete Hajducken aufstellte, die ihm alle Vorbei-
kommenden, wenn sie nicht gutwillig darauf eingingen, mit Gewalt als Gäste in sein
Kastell zu liefern hatten, wo es dann kein Sterblicher zuwege brachte, vor Ablauf dreier
Tage wieder loszukommen; um aber ganz sicher zu sein, daß keiner seiner gepreßten oder
freiwilligen Gäste vorzeitigen Abschied nehmen könne, ließ er ihnen einfach d,e Räder vom
Wagen confisciren. Und damit dieser Edelmann durch seine große Gastfreundschaft
Niemanden zu Schaden bringe, bezahlte er dem jüdischen Gastwirth seines Dorfes aus
lauter Billigkeitsgefühl als Entschädigung für jeden abgefangenen Gast pünktlich einen
blanken Zwanziger, denn diese Gäste Hütten ja auch dort absteigen können. Aus den
Schlössern und in den geräumigen Curie,i des Adels gab es damals fast nnnnterbrochen