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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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Tabakschwärzen war diese wasserumgürtete Einsamkeit mit ihren ausgehöhlten Bäumen 
ein von der Natur bestens vorbereiteter Ort. 
Wenn dann die Frühlingsflut kam und die ganze Insel unter klafterhohen Wellen 
begrub, übersiedelte der Päkäsz sammt Familie auf den großen Baum und nahm getrocknete 
Fische, Speck und gebratenen Kürbis mit sich; von dort aus beobachtete er mit großer 
Ruhe, wie sich das Wasser verlor. Bisweilen fand sich auch eine kleine Beute: die reißende 
Flut schwemmt aus den Dörfern irgendwelche Gerüthschaften daher, der Päkäsz ereilt 
sie mit seinem Seelentränker und zieht sie heraus. Es sind die Gaben Gottes. 
Dieser ganzen Idylle macht jedoch nach und nach das immer kräftiger werdende 
System der neuen Zeit ein Ende. Mit der Theißregulirung haben, wie ein alter Förster 
sich äußerte, „die Herren all unsere schönen Sümpfe verdorben". An Stelle der Wassernuß 
gedeiht schon der Weizen, die Moorgrundel bleibt auch nicht im Kleeboden; der Boden 
des ausgerodeten Sumpfwaldes wird jetzt „Amerika" genannt und drei Meter langer 
Mais wirft dort seine Seide aus; auf dem Teiche brüten keine Kibitze mehr, sondern 
schwimmen Tausende zahmer Gänse unter guter Bewachung umher; das Gebiet der Insel 
selbst ist katastrirt und classifieirt; sein Besitzer ist bestrebt, ans ihm ein Einkommen 
herauszuschlagen; er pflanzt einen Obstgarten an; aus den Weidenrnthen flicht man 
Körbe und der Korb eilt mit Obst gefüllt bis Berlin und Petersburg; die Heilkräuter 
sind vom Salicyl besiegt, die frei vorkommende Soda wird durch die Sodafabriken 
werthlos gemacht; Zunder, Pfeifenrohr sind nicht mehr in Gebrauch, weil Jeder Cigarren 
raucht, und das Forstgesetz verbietet das Abschälen der Baumrinden. Die Jungen können 
das Handwerk des Päkäsz auch nicht mehr fortsetzen, sie müssen in die Tanyaschnlen 
gehen und Geographie lernen; als Bursche werden sie zum Militär assentirt, und wenn sie 
einmal so weit sind, dann sehnen sie sich nicht mehr zurück auf die öde Insel zum Schweinc- 
hüten. Aber selbst jene einst so berühmte Szalontacr Schwcinerace mit den rothen Borsten 
ist gänzlich verschwunden. Man ist dahinter gekommen, daß sie sich in zwei Jahren nur so 
weit entwickelt, wie die schwarze und blonde in einem Jahre und so ward das Gute vom 
Besseren getvdtet. Nur daß diese andere bereits einen Stall und einen Trog zum Füttern 
braucht. Die berühmte Szalontaer Schwcinerace wird nur noch als Rarität ans der 
Staatsdomäne zu Kisber gezüchtet. 
Die Zeiten der armen Bursche sind auch vorüber, statt des biederen Panduren waltet 
der hartherzige Gendarm. Im Jllavaer und Szamosujvarer Strafhause wird dem 
abenteuerlichen Betyären die Arbeit gelehrt, und dadurch verlor die Räuberromantik 
ihren Zauber und die Puszta ist keine Heide mehr. Diese einst so interessanten Gestalten 
der Theißgegend sind nun endgültig verschwunden; sogar die schätzenswertheste Classe der 
Specialitäten, die der Theißflößer, ist im Abnehmen. Das Ärar fördert sein Salz aus
	        
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