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des unglücklichen Böhmerlandes nun wieder Hereinbrechen sollte. Im August des folgenden
Jahres wählten die aufständischen Herren und Ritter den Pfalzgrafen Friedrich zum
böhmischen König. Am 9. November fand im St. Veitsdom, nachdem die calvinistischen
Gewissensräthe Friedrichs zuvor mit Vernichtung der werthvollsten Kunstschätze die Ent-
katholisirung desselben vorgenommen hatten, die Krönung des kurfürstlichen Paares
statt; ein Jahr später, 8. November 1620, machte die Schlacht am Weißen Berge der
ganzen Herrlichkeit des Winterkönigs ein rasches Ende. Das liguistische Heer zog in die
eroberte Burg und Stadt ein und die befreundeten Baiern wurden nicht müde, von den
Kunstschätzen der Rudolfinischen Sammlung zu rauben und fortzuschleppen so viel sie
konnten. Bald nach diesen Ereignissen tritt die düstere Gestalt Albrechts von Waldstein
in den Vordergrund, der am Fuße des Schloßberges einen Bestand von 100 Bürger
häusern in Besitz nimmt und an deren Stelle einen Palast mit Garten und Nebenräumen
anlegt, der an Schönheit und Großartigkeit alles übertrifft, was Prag an Privatbauten
bis dahin gesehen. Der Prachtbau blieb verschont, als 1631 bei dem Einfall der Sachsen
bei 2000 andere Häuser theils ausgeplündert, theils verwüstet wurden und eine aber
malige Beraubung der Rudolfinischen Sammlungen stattfand. Die dritte war den
Schweden Vorbehalten, als sie im Juni 1648 den Hradschin und die Kleinseite durch
Überrumpelung gewannen und bis zum November behaupteten, wo die Verkündigung des
westphälischen Friedens dem weiteren Wüthen ein Ende machte; doch ganze Wagen
ladungen mit Beute aus dem königlichen Schlosse und vielen Herrschaftshäusern verließen
die Stadt in nördlicher Richtung. Gleichwohl war nicht Alles genommen. Einem treuen
Diener des kaiserlichen Hauses war es gelungen, einen Theil der Schätze nach Wien zu
retten; viele der kostbarsten Gegenstände waren noch rechtzeitig in feste unterirdische
Verließe geborgen worden.
Der dreißigjährige Krieg hat in seinen Folgen eine gründliche Änderung der
gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht zum Vortheil derselben, herbeigeführt. Der Groß
grundbesitz kam zu einem beträchtlichen Theile in neue Hände; der katholisch gebliebene
einheimische Adel und aus der Fremde herbeigezogene glückliche Generale hatten aus der
confiscirten Masse große Liegenschaften um Schleuderpreise erworben oder als kaiserliche
Donationen erhalten. Ihnen gegenüber sank die Landbevölkerung in einen Zustand
demüthiger Unterwürfigkeit und Ohnmacht, der sie vollends zu Leibeigenen machte. Das
Bürgerthum, vordem an verfassungsmäßigen Rechten auf gleicher Linie mit den drei
anderen Ständen, verlor zum Vortheil der letzteren seine politische Bedeutung. Für Prag
als Stadt hatte dieser Umschwung die Folge, daß Geistlichkeit und Adel in ihrer baulichen
Thütigkeit mit einem Gepränge, einer wuchtigen Macht auftraten, denen das gewerbs-
fleißige Bürgerthum auch nur Annäherndes an die Seite zu setzen nicht vermochte, ja