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Bewohnern seines Erblandes sein Ansehen im Deutschen Reich mindern könnte; er
entschloß sich daher, den Landrechtsentwnrf, lUnsostus dnrotirm genannt, zurückzunehmen
(6. October 1355).
Mehr Glück hatte Karl im Deutschen Reich, dem er in den 1356 zu Nürnberg und
Metz erlassenen Reichssatzungen das erste größere Verfassungsgesetz gegeben hat, welches
den Rechtssatz von der Entscheidung der deutschen Königswahl durch die Mehrheit der
endgiltig festgestellten Kurstimmen aussprach und den alten verderblichen Grundsatz, daß
nur die einmüthige Wahl rechtmäßig sei, beseitigte. Die Vorrechte, welche dieses Ver
fassungsgesetz den Kurfürstenthümern einräumte, kamen auch Böhmen zugute. Selbst im
äußersten Westen, in dem dem Kaiserreich am meisten entfremdeten Königreich Arelat
brachte Karl seine lehensherrlichen Rechte in Erinnerung; im Jahre 1365 ließ er sich die
arelatische Krone als fünfte und letzte aufs Haupt setzen, die seit 200 Jahren kein Kaiser
getragen. Meisterhaft hat Karl ferner die beständigen offenen und versteckten Feindselig
keiten des Tyrannen von Mailand, Barnabas Visconti, gegen den Kirchenstaat benützt,
um die bei ihm Hilfe suchenden Päpste in Abhängigkeit von seinem guten Willen zu
erhalten. Auf seinem zweiten Zug nach Italien (1368 bis 1369) hütete er sich, dem Papst
zuliebe den Visconti zu demüthigen.
Die größten Erfolge hat Karl in Bezug auf die Erweiterung seiner Hausmacht
errungen, und zwar meist ohne Anwendung von Waffengewalt durch diplomatische Unter
handlungen, Heiraten, Erbverträge u. s. w. Schon im Jahre 1353 ließ er sich von den
Rheinpfalzgrafen für eine Schuldforderung zahlreiche Städte und Vesten in dem an
Böhmen grenzenden Theile Baierns abtreten, so daß Böhmen seitdem bis an das Weich
bild von Nürnberg und an jenes von Regensburg heranreichte. Durch die Vermälung
mit seiner dritten Gemalin Anna, der Erbin der noch unabhängigen Herzogthümer
Schweidnitz und Jauer (1353), wurde die Erwerbung derselben vorbereitet, nach dem
Tode Herzog Bolko's (1368) erbte sie Karls und Anna's Sohn Wenzel (geboren 1361).
1367 erwarb Karl die Mark Lausitz durch Kauf und 1373 zwang er den Kurfürsten
Otto, die Mark Brandenburg gegen Entschädigung von 500.000 Goldgulden abzutreten.
Endlich erwarb Karl während seiner ganzen Regierung einzelne Vesten und Ortschaften
in der Mark Meißen sowie in Franken und Schwaben zu eigen oder bewog deren
Besitzer, ihm dieselben als Lehen der böhmischen Krone aufzutragen. Seine politischen
Errungenschaften beschloß Karl, indem er seinem zweiten Sohn Siegmund (geboren
1368) durch die Verlobung mit Maria, der Erbtochter König Ludwigs von Ungarn
und Polen, im Jahre 1374 die Anwartschaft auf diese beiden Königreiche verschaffte und
zwei Jahre später (1376) die Wahl seines ältesten Sohnes Wenzel zum römischen König
durchsetzte.