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Geschichte Böhmens vom Jahre 16s2 bis 1648.
Matthias fiel mit der Regierung Böhmens eine äußerst schwierige Aufgabe zu.
Solange die Stände seinem Vorgänger nicht den Majestätsbrief abgerungen hatten, waren
im Lande neben den Katholiken nur die Anhänger des alten Utraquismus berechtigt und
diese hatten im Jahre 1594 sich vollständig mit der römischen Kirche ausgeglichen und
waren von ihr unter dem Zugeständniß des Kelches als treue Sohne anerkannt worden.
Die Majorität der Bevölkerung wollte zwar von dieser Aussöhnung nichts wissen, weil sie
sich der römischen Kirche
entfremdet fühlte, allein
vorläufig mußte sie sich
zufrieden geben. Als nun
der Zwist im Hause Habs
burg den Kaiser Rudolf zur
Ertheilung des Majestäts
briefes zwang und dadurch
die Bekenner der böhmi
schen Confession, unter
Beibehaltung des alten
(wenn auch nicht passen
den) Namens der Utra
quisten freie Religions
übung erlangten, trat mit
einemmal ein nicht über-
brückbarer Zwiespalt in
den kirchlichen Verhält
nissen ein. Die Katholiken
und Utraquisten feindeten
sich offen an und ihre
Feindseligkeit erstreckte sich
auch auf den König. Die utraquistischen Stände wollten deshalb auf dem Generallandtage,
den der Kaiser Matthias im Jahre 1615 nach Prag berief, nicht blos ein Bündniß mit
den sämmtlichen übrigen österreichischen Ländern zum gemeinsamen Schutz der wechsel
seitigen Freiheiten, das eigentlich nur gegen Ihren König gerichtet gewesen wäre,
schließen, sondern auch das Recht erlangen, aus eigener Machtvollkommenheit Kreistage
zur Berathung ihrer Angelegenheiten berufen zu dürfen. Mit dem ersten Punkt drangen
Matthias Heinrich Graf Thurn.