MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 1. Abtheilung

356 
in Wiener-Neustadt ist dafür bezeichnend. Anderseits kamen die Maßnahmen des Kaisers 
zur Förderung des geistigen Lebens in Böhmen und zur Hebung der materiellen Cultur 
des Landes beiden das Königreich bewohnenden Völkern zugute. Auch für das cechische 
Volk ruhen die Keime zu seiner Wiedererhebung im XIX. Jahrhundert in den Bestrebungen 
und Ideen der theresianischen und josefinischen Epoche, und Zahl und Ausbreitung im 
Lande betreffend hat damals das slavische Element nur im Norden verloren, dagegen 
neben der fortschreitenden Cechisirung deutscher Sprachinseln an der Sprachgrenze im 
Nordosten, im Süden und im Westen gewonnen. Hier wurden in eben dem Maße, als 
der Verkehr mit dem deutschen Ausland zurückging, die Beziehungen zu dem slavischeu 
Innern des Landes zahlreicher. Für das deutsche Volk in Böhmen sind die erhebendsten 
Empfindungen für des Vaterlandes Größe und Ruhm mit dem Namen Josef II. ver 
bunden. Josefs Bild ziert in tausend Formen die Hütte und den Palast und ungezählte 
Denkmäler aus Erz und Stein bekunden die kindliche Verehrung, den unauslöschlichen 
Dank, den die deutsche Bevölkerung für ihn, den „Einzigen", im Herzen trägt. 
Auch in Böhmen wirkte die rasche Aufeinanderfolge und das Kleinliche mancher 
Reformen verwirrend, zeigte sich die Bevölkerung unreif, Adel und Clerus vielfach nicht 
opferwillig genug, das Beamtenthum oft widerwillig oder unfähig. Das böse Beispiel 
Anderer, Mißerfolge und Verlegenheiten des Kaisers ermunterten auch hier zur Oppo 
sition. Zur Zeit, als Josef, der gegen das mit ihm in Deutschland und Mitteleuropa 
rivalisirende Preußen den engen Anschluß an Frankreich und Rußland festhielt, eben 
des letzteren wegen mit der Pforte in Krieg und mit Preußen in Spannung gerathen 
war und in Böhmen die Aufstellung eines Heeres gegen Preußen erfolgte, richtete eine 
Anzahl böhmischer Stände eine Petition nach Wien au den Kaiser um die Herstellung der 
alten Verfassung. Sie traf Josef II. nicht mehr am Leben. 
Dafür suchte sein Bruder und Nachfolger Kaiser Leopold II. wie überall so auch in 
Böhmen mit Mäßigung und Festigkeit die Aufregung zu beschwichtigen und die wankende 
Ordnung wiederherzustellen. Obwohl der Kaiser den Landtag sofort berufen hatte, war er 
doch weit entfernt, in vollem Umfange die Wünsche der Herren zu erfüllen, die nicht 
blos die Beseitigung der josefinischen und theresianischen Einrichtungen, sondern wesentlich 
auch der Verneuerten Landesordnung forderten. Schon gerieth die Landbevölkerung in 
Besorgniß, der kaum errungenen Rechte und Erleichterungen wieder verlustig zu werden. 
Aber der Kaiser war entschlossen, das Wesentliche und als vortheilhaft Erprobte zu erhalten, 
jedoch in Fragen von mehr formeller Bedeutung nach Möglichkeit den geäußerten Wünschen 
des Landes und dem Herkommen zu genügen. Neuerungen von immer noch fraglichem 
Nutzen wurden ausgegeben. So erfolgten noch während der Berathungen des Landtages 
die Aufhebung des Steuerpatents Josefs II. und die Wiedereinführung der Robot
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.