MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 1. Abtheilung

373 
Dieselbe Erscheinung wie in Böhmen beobachten wir übrigens beinahe in ganz 
Europa. Die Entwickelung der böhmischen Typen ist demnach keine vereinzelt dastehende 
Erscheinung, sondern nur ein Theil der Wandlung der europäischen Bevölkerung in 
physischer Hinsicht. Überall bemerkt man, daß der Schädel bedeutend kürzer wird. Wie 
soll man diese Erscheinung erklären? Die Einen versuchten es, sie durch die Cultur, den 
Wohlstand, namentlich aber durch das Wachsen der Intelligenz, die eine Verbreiterung 
der lateralen Partien des Gehirnes verursacht und dadurch auch die Gehirnkapsel selbst 
mehr in die Breite zieht, zu erklären (Durand, Schaafshausen, Matiegka), die Anderen durch 
Einwirkung der Milieus, in denen verschiedene brachykephale Stämme lange Zeit 
hindurch lebten (I. Ranke, Schaafshausen), Andere aus rein physiologischen Gründen 
(durch die Wirkung der Muskeln), Andere wiederum aus pathologischen (durch ein vorzeitiges 
Zusammenwachsen einiger Nähte) u. s. w. Zum Theil wird gewiß diese Erscheinung 
auch durch Kreuzung des dolichokephalen Typus mit einem neuen knrzköpsigen erklärt. 
Dieser ist höchst wahrscheinlich im Laufe der Steinzeit nach Europa gekommen und 
kreuzte sich nicht nur mit der dolichokephalen Bevölkerung, die früher hier ansässig 
war, sondern auch mit der später hierher gekommenen und vielleicht mit der ersten 
verwandten, wobei der lange Typus von dem kurzen langsam, aber allgemein absorbirt 
wurde. Für das erste Product der Kreuzung hält man oft die mesokephalen Bildungen, 
die immer kürzer und kürzer werden. Man muß aber zugeben, daß, was die Mesokephali 
anlangt, nicht gerade die Krenzungstheorie, sondern die Theorie der allmäligen Ent 
wicklung infolge einer uns bis jetzt sichergestellten Ursache auch sehr viel für sich hat. 
Wie es sich in Böhmen verhalten hat, wer jene ursprüngliche Bevölkerung der 
Steinzeit war, wer jene späteren Dolichokephali, welche auf einmal um Christi Geburt 
hier zahlreicher aufzutreten scheinen und mit der Einwanderung des neuen Stammes 
augenscheinlich in Verbindung stehen, wer jene Brachykephali waren, die schon in jener Zeit 
hier anftanchen und jetzt durch die ganze cechische und deutsche Bevölkerung repräsentirt 
werden, darüber ist viel geschrieben und wissenschaftlich und unwissenschaftlich viel 
dispntirt worden. Schließlich hat folgende Erklärung, die schon auf den ersten Blick — 
das kann man nicht bestreiten — sehr natürlich erscheint, die Oberhand gewonnen. Man 
hat nämlich, hauptsächlich in Süddeutschland durch die Forschungen Lindenschmits und 
Eckers constatirt, daß der ursprüngliche germanische Typus, der Typus jener Alamannen 
und Franken, welche zur Zeit der Völkerwanderung in Deutschland erschienen und welchen 
Lindenschmit die süddeutschen Gräber mit der sogenannten Merovinger-Cultur richtig 
zugesprochen hat, dolichokephal war, lichtes Haar, blaue Augen hatte und überhaupt zur 
lichtenComplexion gehörte. Da nun dieSlaven in ganz Europa als ein stark brachykephaler 
Typus erscheinen, und da es historisch bewiesen oder wenigstens höchst wahrscheinlich ist,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.