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Von der Libitzer Burg aus ließ sie eine hölzerne Schanze auf den nahen Berg Oskobrh,
von dem so manche Ortssage zu erzählen weiß, aufführen. In der Sage lebt auch der
Edelmanu Horymir, der uuter dein heidnischen Fürsten Kresomysl, nachdem er die
Bergwerke zerstört hatte, durch den fabelhaften Sprung seines Pferdes Senn'k vom
Vysehrader Felsen dem sicheren Tod entging. Heutzutage zeigt man noch in Neumetel
die Stelle, wo der treue Senn'k begraben wurde.
Aus der ersten Zeit des Christenthums rühren so manche legendäre Sagen von der
heiligen Ludmila, von ihrer Schnur und Gegnerin, der Fürstin Drahomira, der Mutter
des heiligen Wenzel, welche nach der Sage, die ihr gewiß Unrecht thut, noch zu Lebzeiten
am Pohorelec vor der Prager Burg in den Boden versank. Vom heiligen Wenzel „dem
Beschützer und Patron des Böhmerlandes" gibt es einen ganzen Sagencyklus, von seinem
Leben, von den Stätten seiner Wirksamkeit in Prag, von seiner Ermordung und von den
Wundern, die darnach geschahen, davon, wie vielmal er das böhmische Heer beschützt und
ihm zum Siege verholfen hat, wie die Böhmen immer gesiegt haben, wenn sie unter seinem
Banner fochten. Der heilige Wenzel läßt es, wie man in einem viele Jahrhunderte alten
Liede betet, nicht zu, daß das böhmische Volk untergehe. Darum glaubt das böhmische
Volk an ihn und seine Hilfe, wie es die Sagen von den Rittern im Blanikberge bestätigen.
In der Nähe der Stadt Vlasim erhebt sich beim Städtchen Lonnovitz ein waldiger
über 600 Meter hoher Berg — Blanik —, auf dessen Gipfel man uralte Befestigungs
mauern sieht. Von der Burgveste sieht man heutzutage keine Spur mehr. Und in diesem
Berge Blanik schlummern die Wenzelsritter, sie schlummern und warten, bis sie in
den Kampf gerufen werden. Die Sage erzählt in den mannigfachsten Variationen,
wie Leute unter die Blanikritter gerathen sind, der Hirt, das Mädchen, der Schmied,
der die Ritterpferde beschlagen mußte und wie er dafür belohnt wurde. Und alle, die
in den Berg hineinkamen, verweilten dort über ein Jahr, obgleich sie glaubten, sie wären
dort nur eine Weile gewesen. Unter dem Gipfel des Blanik ist ein Felsen, der die Gestalt
eines gebrochenen Bogens hat. Dort ist der Eingang in den Berg. Dort entspringt
auch eine Quelle, wo die Blanikritter ihre Pferde tränken, wenn sie nach langer Zeit
wieder einmal in einer Hellen Mondnacht auf die Wiese zwischen den Wäldern am
Fuße des Berges reiten, um sich dort Ritterspielen hinzugeben. Während einer solchen
Nacht ertönt in der Umgebung ein dumpfes Getöse, gedämpfter Trommelschlag
und Trompetenschall. Des Morgens sieht man dann auf der Wiese unzählig viele Spuren
von Pferdehufen. Aber in den wirklichen und schwersten Kampf werden die Blanikritter
erst ziehen, bis es in Böhmen am ärgsten ist, bis es hier so viele Feinde gibt, daß sie
das ganze Königreich an den Hufen ihrer Pferde verschleppen könnten. Dann werden die
Baumwipfel im Blaniker Walde dürr, auf dem Gipfel des Berges wird eine alte dürre