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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 1. Abtheilung

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beobachtet, bis um die Wende der Zwanziger-Jahre dieses Jahrhunderts Graf Kolowrat, 
damals Oberstburggraf in Böhmen, aus Anlaß der Gründung des böhmischen Museums 
eine Aufforderung erließ, allerorts zu sammeln und zu bewahren, was sich im Lande an 
Sitten und Gebräuchen, so auch an Gesängen und Liedern erhalten habe. Von letzteren 
kamen 300 Stück mit Melodien zusammen, die Johann Ritter v. Rittersberg 1825 
unter dem Titel riärockui pisuo" in Prag veröffentlichte; die Arbeit war eine 
ziemlich kritiklose, auch gebrach es dem Herausgeber an feinem musikalischem Sinn. Gleich 
zeitig (1822 bis 1827) druckte F. L. Celakovsky in seiner Sammlung slavischer Volks 
gesänge nahezu 200 böhmische Lieder mit einigen Melodien ab. Das eigentliche Verdienst, 
den Liederschatz des böhmischen Volkes mit richtigem Verständniß, sowohl was Text als 
Musik betrifft, gehoben und der Literatur bleibend einverleibt zu haben, hat sich ohne 
Frage Karl Jaromir Erben erworben, dessen „Lisnö närockin v öooüäoll" in drei die 
Texte enthaltenden Bändchen 1842 bis 1845 in Prag bei Posplsil, dann in zweiter 
Auflage 1852 bis 1856 erschienen. Getrennt davon wurden 500 der von Erben 
gesammelten Melodien mit I. P. Martinovskh's Clavierbegleitung in fünf Heften 
heransgegeben. Anfangs der Sechziger-Jahre begann Erben eine neue Zusammenstellung, 
die 1864 unter dem Titel „Lrostonärockni L68Üö xisrm a rüracklg," in einem Bande ans 
Licht kam, nachdem bereits 1862 die Melodien (ohne Begleitung) erschienen waren. Die 
von Erben das erstemal zusammengebrachten Texte hatten sich im Laufe unermüdlichen 
Sammelns, Sichtens und Prüfens durch ein volles Vierteljahrhundert fast um das Vier 
fache vermehrt, die Zahl der Melodien war auf 811 angewachsen. Eine neue Ausgabe 
dieses Werkes, mit einzelnen Ergänzungen und Verbesserungen, die Erben in seinem Hand 
exemplar angebracht hatte, erschien mit dem Bildniß des Verewigten geziert 1886 bei 
Alois Hynek in Prag. Deutsche Übersetzungen vieler, doch bei weitem nicht aller böhmischen 
Volkslieder haben geliefert: Jda v. Düringsfeld „Böhmische Rosen" (Breslau, I. U. Kern 
1851); Michael Klapp zehn Stück als „Proben" in Prutz' „Deutsches Museum" 1853; 
Alfred Waldau (roots Josef Jaros) „Böhmische Granaten" (Prag, Ehrlich 1858). Auch 
Frau Malybrok-Stieler in München hat in die Sammlung ihrer Gedichte (Prag, 
Otto 1887) 22 böhmische Volkslieder in mitunter gelungener Übersetzung ausgenommen. 
Über die Tänze des böhmischen Volkes findet sich Näheres in „Böhmische Nationaltänze" 
Culturstudien von Alfred Waldau (Prag, Dominions 1859). — — 
Inhaltlich ist das Volkslied entweder episch oder lyrisch, es erzählt und schildert 
oder es strömt Gefühle, Stimmungen, Launen in gesungenen Worten aus. 
Im epischen Volkslieds lassen sich wieder religiös-kirchliche und profane Stoffe 
unterscheiden. „Es wanderte Maria durch die weite Welt, sie barg ein Kindlein in 
ihrem heiligen Leib;" sie klopft an verschiedenen Thüren an, um ein Lager für die
	        
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