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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 1. Abtheilung

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Besonders malerisch und mitunter poetisch und idyllisch gestalten sich in den Hanpt- 
gebieten des berühmten Hopfenlandes, vor Allem im hervorragendsten, im Saazer Hopfen 
gau, die Hopfenpflücke und das „Hopfenpflückerfest." Die „Hopfenweiner" heben und 
ziehen die Stangen vom Grunde, schneiden die Reben ab und in oft sehr malerisch mit dem 
Rebgehänge des Hopfens bedeckten fliegenden Lang- und Rundlauben, „Wauden" (Bauden) 
genannt, die gegen Sonne, Wind und kurze Regenschauer schirmen, sitzt Alt und Jung an 
den großen runden Flachkörben und pflückt die würzigen goldig-grünen Hopfendolden; 
melodische Volkslieder erklingen, Märchen und Geschichten werden laut, und kommt es zum 
Ende, find die letzten großen Zichen und Körbe voll, so wird ans den schönsten Hopfen 
ranken und größten Dolden, aus Gartenblumen, Riechkraut und farbigen Bändern der 
stattliche Hopfenkranz gewunden, Roß und Wagen erhält Blumenzier, und unter Singen 
und Jauchzen ziehen die Hopfenpflücker heimwärts zum Hopfenkranzfest, das im Weiteren 
ähnlich wie die „Sichellege" verläuft. In neuererZeit, die mit ihrem für dieLandwirthschast 
zum Theil nicht besonders günstigen größeren Industrie- und Verkehrsleben vor Allem 
das alte patriarchalischeVerhältniß zwischen demBauer und seinen Hilfsarbeitern wesentlich 
geändert hat, verliert sich mit manchen anderen Volksbräuchen auch die Freude der Bauern 
schaft an den altgewohnten poetischen Erntefesten. Doch sucht man neuestens in gebildeten 
Kreisen die alten bäuerlichen Bräuche wieder zu beleben und durch allgemeine Volksfeste zu 
erneuern, wie dies zum Beispiel im Herbst (20. October) 1891 in der Landstadt Pomeisel 
(Saazerland) geschah, wo der landwirthschaftliche Vorschußverein ein öffentliches Erntefest 
mit Festwagen und einem allgemeinen Festzng veranstaltete. 
Auch die Drescher, die in neuer Zeit ebenfalls immer mehr von den Göpel- 
und Dampfdreschmaschinen verdrängt werden, üben ihre alten Gebräuche, insoweit ihnen 
die nüchterne Gegenwart dies noch gestattet, und halten nach dem „Ausdrusch" ihr 
„Drischellegfest". Wer beim „letzten Stroh" den letzten Drischelschlag macht, bekommt 
den sogenannten „Alten" und wird dafür „gefoppt" (geneckt) und gehänselt. Den Nachbar, 
der etwa noch nicht ausgedroschen hat, neckt man mit einem Strohmann, der Hausbäuerin 
aber wird ein kleiner Strohbund, der „Alte", in die Küche zum Ofen geschmuggelt und 
sie muß damit anheizen und dann das „Dreschermahl" anrichten. 
Auch manche der ländlichen Rechtsbräuche haben sich bis in die letzten 
Jahrzehnte erhalten, wie z. B. die alte „Gerichtshand" und der „Gemeindehammer", 
der noch bis in die neuere Zeit in manchen Eger- und Erzgebirgsdörfern von Haus 
zu Haus getragen wurde. In den Land- und Bezirks- (ehemals auch Kreis-) Städten 
bildete das städtische Volksleben Deutschböhmens ebenfalls manche bürgerlich-gesellige 
Feste aus, wie die Feste der Scharfschützengilden in Eger, Karlsbad, Saaz, Kaaden, 
Komotan, Aussig, Leitmeritz, Reichenberg, Trautenau u. s. w., die Feste der Bogenschützen
	        
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