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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 1. Abtheilung

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ein Saatfeld, bewirkt in der Gestalt eines liegenden Kreuzes zwei schmale Bahnen im 
Getreide, wo die Ähren durchaus brandig erscheinen. Man weiß dann im voraus, daß 
beim Dreschen des Getreides je das dritte Korn in die Scheuer desjenigen fliegen muß, 
der den Zauber ausgeübt hat. Man nennt den Geist, der dabei dient, den „Pilmasschnidt". 
— Wenn ein Bursch oder Mädchen am Ostersonntag vor Sonnenaufgang aus einem 
Bache mit den Zähnen ein Steinchen heraufholt und es dann, gegen Osten gekehrt, über 
den Kopf wirft, dem wird geoffenbart, ob es im Jahre noch zu seiner Heirat kommen 
werde. — Am Ostermontag flicht man um die Obstbäume Strohbänder in der Meinung, 
sie dadurch zum reichen Fruchterträgniß zu vermögen; denn wie man an Namenstagen 
durch das „Drosseln" (Umspannen des Halses) den Namensträger zum Gewahren eines 
Geschenkes verpflichtet, so will man gläubig auch die Bäume durch das Drosseln mit 
Strohbändern zu reichlichen Gaben verpflichten. — In einigen Gegenden des Böhmer 
waldes wird kein Baum gefällt, ohne daß früher ein Kreuz in die Rinde gehauen wurde; 
auf solchen Bäumen muß die wilde Jagd, welche Wanderer, die bei ihrem Herannahen 
nicht auf das Angesicht stürzen, weit mit sich fortführt, rasten und sie unbehelligt lassen. — 
Vor Jahren soll ein Mann gelebt haben, vor dessen Augen Hexen und Verwunschene 
bezeichnet waren. Jene trugen auf den Köpfen hölzerne Milchgefäße, diese schleppten an 
Ketten glühende Kugeln an den Fersen nach. Deshalb war der Mann aber vielen 
Anfechtungen ausgesetzt und sein Weg nach der Kirche, die auf einer Anhöhe stand, war ein 
Weg der Peinigung und Püffe, so daß der Unglückliche oft rücklings die Anhöhe ersteigen 
mußte, um die nachstürmende Hexenzunft durch Kreuzeszeichen und Gebete abzuwehren. 
— Die Zungenfäule bei Kindern wird durch ein Sympathiestück geheilt. Der Mann, 
welcher des Heiltextes kundig ist, läßt sich das Kind gegenüber halten, indem er spricht: 
Job ging einst über Land 
Und hatte einen Stab in der Hand; 
Da begegnet' ihm der Herr 
Und sprach: 
„Job, warum trauerst Du so sehr?" 
Job sprach: 
„Ach, warum sollt' ich nicht trauern? 
Meine Zunge will mir abfaulen." 
Der Herr sprach: 
„Job, geh' in jenes Thal zur Stund', 
Ein Brunnen heilet Dir dort den Mund!" 
Der Mann haucht dem Kinde dreimal in den Mund, schlügt ein Kreuz darüber und 
die Mutter des Kindes besprengt dieses mit Tropfen des Weihbrnnns an der Thür. 
Diese Ceremonie, dreimal früh und abends wiederholt, soll gewisse Heilung verbürgen.
	        
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