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fruchtlos verloren gehen, so mußte sie ein Organisator, der nicht blos mit Ausdauer,
sondern auch mit glänzenden geistigen Gaben ausgestattet war, in die Hand nehmen, und
einen solchen hatte das böhmische Volk in Josef Dobrovsky.
Dieser geniale Mann, Sprößling einer böhmischen militärischen Familie, ward im
Jahre 1753 zu Dermet bei Raab in Ungarn geboren, wuchs in Böhmen auf und lenkte
schon während seiner Studien die Aufmerksamkeit auf sich. Durch den Jesuitenorden für den
geistlichen Stand gewonnen,
leitete er einige Zeit hindurch
(1787 bis 1790) das General
seminar zu Hradisch bei Olmütz,
unternahm dann eine Studien
reise über Deutschland nach
Schweden und Rußland und
lebte nach seiner Rückkehr
als AM theils in Prag,
theils auf dem Lande bei
adeligen Gönnern, namentlich
bei den Grafen Nostitz, Stern
berg und Cerm'n. Vom Jahre
1795 an wurde er von einer
Geisteskrankheit verfolgt, doch
erholte er sich immer wieder,
ohne daß die Folgen verhäng-
nißvoll für ihn wurden. Der
Tod ereilte ihn zu Brünn im
Jahre 1829. Seine wissenschaft-
licheThütigkeit charakterisirt ein
ungewöhnlicher Scharfsinn, der
auch bei den schwierigsten Problemen den rechten Weg zu finden wußte und die Massen
des Materials zu beherrschen verstand. Am erfolgreichsten wirkte er als Sprachforscher,
durch seine altslavische Grammatik „Institutionss lin^uno slnvieno äialoeti
votaris" (1822), ein Resultat vieljähriger umfassender Studien, ward er ein Gesetzgeber
auf dem Gebiete der Slavistik. Der böhmischen Sprache gab er eine feste Grundlage, auf
der sie bearbeitet werden müßte, falls sie einen praktischen Erfolg haben sollte; er analysirte
kritisch ihre Denkmäler, hob die Vorzüge und Schwächen hervor und verbreitete durch seine
Speeialforschungen, die er theils einzeln, theils in größeren Compendien („Geschichte der
Joses Jungmann.