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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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bestimmend einwirkten, verschiedenartig vertheilt. Die erste Periode können wir getrost 
die Josephinische nennen; alles Anregende, Bedeutende und Befruchtende fließt für das 
allgemeine geistige Leben in Böhmen aus den Quellen der Aufklärung, deren Erschließung 
vom Throne her gewünscht wird. Die Bestrebungen eines Sonnenfels, die Dichtungen 
eines Denis finden lauten Wiederhall in Prag. Der bewußte Formencultus lehnt sich in 
den poetischen Versuchen an den Kunstgeschmack von Wien an, während freilich die dort 
im Stillen erblühende Volkspoesie nur gelegentlich von der Bühne her ihren farbigen 
Zauber wirken läßt. In der zweiten Periode, in den Jahren zwischen den deutschen 
Befreiungskriegen und dem Stnrm- 
jahr Achtundvierzig, dringen die Ein 
flüsse vom deutschen Norden und 
Westen stärker herein. Die Josephi 
nische Zeit hob das Verständniß, die 
Bildung, das Selbstvertrauen, aber 
ihre Literatur hat wesentlich nur 
einen lehrhaften Gehalt und war 
nur vorbereitend für das geistige 
Einverstündniß mit der inzwischen 
stolz emporgediehenen Literatur der 
Deutschen. Die geistigen Bewegungen 
unseres Jahrhunderts aber lebte 
Böhmen unmittelbar mit, immer 
heftiger, stürmischer und selbständiger 
— der Goethecultus, der Freiheits 
gesang, die Romantik, die deutsche 
Renaissance, wie sie durch Uhland 
und seine schwäbischen Genossen am 
lautesten und verständlichsten auf die Gemüther wirkte — alles dies fand in Böhmen nicht 
nur ein anfgespanntes Ohr und ein weitgeöffnetes Herz, sondern auch Wiederhall, Nach 
klang und den selbständigen ergänzenden Ton, der aus bewegten Gemüthern emporquoll. 
Karl Heinrich Seibt. 
Jetzt mischte sich der Einfluß von Wien her, der immer noch ein starker blieb, niit den 
mächtigen Anregungen, die aus ganz Deutschland heranfluteten. Die übernommenen 
Formen aber füllten sich mit neuem Gehalt, die Anregungen wirkten auf bedeutende 
dichterische Charaktere, die sich selbständig entwickelten, ein gemeinsamer Grnndton und 
verwandte Klangfarben gaben den deutschböhmischeu Gesäugen ihren besonderen 
Charakter. Die geschichtlichen Erinnerungen der Heimat lebten in verklärendem Liede auf,
	        
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