145
Böhmen.
10
Wie Klopstock zu Wieland — immer den großen Abstand nach beiden Seiten hin vor
Augen — verhielt sich Cornova zu Meißner. Geistlichen Standes, hoch gestimmt und
von einem redlichen Idealismus erfüllt, dem es freilich in der Dichtung an der Kraft der
Anschaulichkeit gebrach, fühlte sich Cornova — ein geborener Prager — als der Denis von
Böhmen. Geschichtsprofessor an der Universität, Bearbeiter der Stransky'schen Landcs-
geschichte, welche in dem neuen bauschigen Gewände viel dazu beitrug, schlummernde
Erinnerungen zu erwecken, wandte er sich in odenartigen Kriegsliedern, welche die Helden
Österreichs der Reihe nach
verherrlichten, und in
einem langen didaktischen
Gedichte „An die jungen
Bürger Böhmens", um
ihren Patriotismus an-
znfeuern und sie für die
neue Zeit, die Maria The
resia und ihr großer Sohn
heraufgeführt hatten, zu
erwärmen. An den Lehrern
Meißner, Seibt und
Cornova bildete sich
D ambeck, der später —
bis an das Jahr 1820
heran — Ästhetik und die
schönen Künste an der
Prager Hochschule lehrte,
die Jugend in geistvollen
Kaspar Maria Gras Srernberg. Vorträgen für Schiller
und Goethe erwärmte und
durch seine gewandte Übersetzung Popes und anderer Autoren auf den Formensinn der
literarischen Genossen bedeutsam einwirkte. Neben diesen Professoren vom Fach wirkte
ein stillerer Mann, dem die schöngeistige Richtung fernlag und der nichtsdestoweniger
den Gehalt der werdenden Literatur stärker bestimmte als die Ästhetiker von Beruf: der
Mathematiker und Religionsphilosoph Bolzano, der die Sicherheit des mathematischen
Denkens auf andere Gebiete übertrug, die Grenzen des Glaubens und des Wissens
schärfer zog als seine Vorgänger und mit hoher ethischer Weihe des Wesens den
Freimuth der Wahrhaftigkeit verband. Die Zeit, der seine Gedanken vorauseilten,
Kein Volltext zu diesem Bild verfügbar.