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Die Thurmstellung der Stadtkirchen war eine verschiedene, indem der eine Thurm bald
an die Nord-, bald an die Westseite gerückt oder an letzterer eine von zwei Thürmen
flankirte Fa^ade angeordnet wurde, während in Königgrätz die beiden Thürme neben dem
ersten Kreuzgewölbejoch des Presbyteriums am Abschluß der beiden Seitenschiffe ansteigen.
Eine ähnliche Thurmstellung ordnete man neben dem Chore der einschiffigen Pfarr
kirche in Nachod an, deren von sorgfältig gearbeiteten Consolen ansteigende Presbyteriums
wölbungen in der Profilirung ebenso wie die schmalen, ohne Pfosten und Maßwerk
gebliebenen Spitzbogenfenster an dem frühgothischen Canon festhiclten. Nicht minder
begegnet sie uns bei der Pfarrkirche zu Priethal, deren zweitheilige Chorfenster wie die
schmalen Fenster im Erdgeschoß beider Thürme die Form des gedrückten Spitzbogens
ausweisen. Die Wölbungen des polygonalen Chorschlusses dieses schon 1259 dem eben
gegründeten Stift Hohenfurt zugewiesenen Gotteshauses ruhen auf Ecksäulen, die von
Consolen ansteigen. Dies erinnert an die Pfarrkirche des Marktes Hohenfurt, die
gleichfalls 1259 dem Stift zufiel, im Chore noch das einfache Kreuzgewölbe und den alten
Triumphbogen besitzt und die flachen Rippen auf die bis zur Hälfte der Wand hinab
reichenden Dienste mit plumpen Capitälen aufsetzt. In welch bescheidenen Grenzen man
sich im südlichen Böhmen beim Beginn des UV. Jahrhunderts hielt, wenn es sich um
die Anlage beschränkter gottesdienstlicher Räume handelte, zeigen Lagau und Tisch. Der
geradlinige Chorabschluß der Selcaner Kirche hält eine der romanischen Bauweise
Böhmens nicht unbekannte und uns zum Beispiel auch bei der Kirche in Key oder Neudorf
begegnende Anordnung fest, steht aber mit Fensterbildung und Strebenbehandlung auf
dem Boden der Gothik. Der ähnlich schließende Chor der Peters- und Paulskirche in
Sobeslau zeigt neben Knospencapitälen die schon mit recht natürlich gearbeitetem Blatt
werke gezierte Kelchform. Daß diese Art des Chorschlusses bei Kirchen des südlichen
Böhmens nicht unbeliebt war, beweist auch das mit einfachem Kreuzgewölbe und spitzbogigen
Fenstern ausgestattete gothische Presbyterium der Nikolauskirche in Poletitz, jenes der
Martinskirche in Stein und der Friedhofskapelle in Winterberg oder der Chor der Kirche
in Groß-Blanitz, der auch durch Anordnung einer Sedia an den Brauch des südwestlichen
Böhmens mahnt. Im Innern des Landes wahrte man diese Eigenthümlichkeit bei der
Allerheiligenkapelle auf dem Friedhofe des Klosters Sedlec, an deren Westseite zwei
zierliche sechseckige Thürme ansteigen.
Daß die mächtigen Könige Böhmens immer mehr Gewicht darauf legten, ihre
Burgen in einer allen Anforderungen der Zeit entsprechenden Weise aufznbauen und aus
zustatten, ist angesichts der im Xlll. Jahrhundert steigenden Pracht der Hofhaltung
eigentlich nur selbstverständlich. Für die Geschichte der Architektur haben unter den Über
resten solcher Anlagen, auf deren verschiedene Systeme hier nicht weiter eingegangen