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Karl des Großen in Aachen hier in dem Langhause, dessen Achteck eine gewaltige Stern,
gewölbeknppel überspannt, ein in den österreichischen Landen einzig dastehendes Beispiel
kühner und genialer Constrnetion.
Die eben berührte Parler'sche Pfeilerstellung wurde auch in dem Chorschlusse der
Prager T eynkirch e festgehalten, zu deren Bau deutsche Kaufleute das Meiste beisteuerten.
Im Jahre 1380 war der Chor der stattlichen Basilica, deren drei Schiffe nach süddeutscher,
zum Beispiel beim Regensburger Dom auftretender Grundrißbildung je einen getrennten
selbständigen Polygonalabschluß erhielten, bereits vollendet. Die zweithürmige Fa^ade,
welche durch das hohe sechsfeldrige Maßwerkfenster, den zierlich deeorirten Giebel und die
thnrmreiche Helmbildnng ungemein reich belebt ist, gehört wie das reich scnlpirte Portal
an der Nordseite, zu den schönsten Leistungen der Gothik in Böhmen. Maßwerk und Pfeiler
gliederung halten sich im Formencanon Peter Parlers, der den Ban nicht selbst vollendete.
Dagegen war letzteres der Fall beim Ban des Chores der Allerheiligenkirche auf
der Prager Burg, dessen Anlage trotz schwerer Beschädigungen beim Brande von 1541
sich erhielt. Künstlerisch hervorragender als dieses Wohl von allem Anfang an nicht
besonders reich ausgestattete Denkmal ist der Altstädter Brückenthurm, gleichfalls
ein Werk des großen schwäbischen Meisters. Ihm hatte Karl IV. den 1357 begonnenen
Ban der großartig angelegten Moldanbrücke übertragen, deren theilweiser Zusammensturz
bei der Hvchwasserkatastrophe vom 4. September 1890 weithin Aufsehen erregte. Das in
großen Bvgenöffnungen den Fluß überspannende Werk erhielt durch die Befestigungs-
thürme an beiden Enden einen entsprechenden Abschluß. Der Altstädter Thurm, in zwei
durch kräftiges Gesims geschiedenen Stockwerken auf quadratischen: Grundriß ansteigend,
ist mit zierlichen Eckthürmchen ausgestattet und trägt auf der zur Stadt gekehrten Seite
reiche Decorativn. In der Mittelabtheilung eines vvn Fialen durchbrochenen Giebels find
im ersten Stockwerk neben der Statue des heiligen Sigismund die fast lebensgroßen
Darstellungen der in: Königsornat thronenden Herrscher Karl IV. und Wenzel IV.
angeordnet, in zwei Nischen des mit geschmackvollen Bogenstellungen ausgestatteten Ober
geschosses zwei Heiligenstandbilder und zu beiden Seiten des die Fahrbahn übcrspannenden
Thorbogens die bunt bemalten Wappen der mit Böhmen damals vereinigten Länder
angebracht. Der elegante Aufbau mit dem reichen Plastischen Schmuck entspricht ganz der
Parler'schen Richtung.
Von den unter Karl IV. in Prag vollendeten Klosteranlagen hat sich die des
Benedictinerklosters Emaus ziemlich gut erhalten. An die dreischiffige, 1372 geweihte
Hallenkirche, die drei gesonderte Chorschlüsse, nach Art der Teynkirche einfach gegliederte
Pfeiler und ruhiges Maßwerk besitzt, schließt sich südlich der regelmäßig schöne Kreuzgang,
dessen Wandflächen mit einen: umfangreichen Gemüldecyclus nach dem Anordnungsprincipe