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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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Böhmen. 
Laurentiusberges sich hinziehende „Hungermauer", deren Aufführung die oftmals Züge 
der Wirklichkeit festhaltende Sage mit der Fürsorge Karls IV. für die durch Hungersnot!) 
leidenden arbeitslosen Einwohner in Zusammenhang bringt. So bilden heute noch die in 
dem kunstfrohen Zeitalter des genannten Herrschers entstandenen Baudenkmale, von denen 
einige für die Geschichte der Gothik im Allgemeinen eine ganz hervorragende Bedeutung 
haben, wahre Perlen in dem an künstlerischem Schmuck so reichen Diadem der 
königlichen Praga. 
Unter den außerhalb der Landeshauptstadt aufgeführten Bauwerken verdienen die 
Burg Karlstein und die Bartholomänskirche in Kolin besondere Beachtung. Da 
erstere Motive von der Burg der Päpste in Avignon ausweist und gleich derselben 
einem Profanbaue durch Einreihung einer auffallend großen Zahl gottesdienstlicher, 
für ganz besondere Zwecke bestimmter Räume einen stark kirchlichen Zug gab, so 
dürfte wohl der aus Avignon berufene Matthias von Arras 1348 die Anlage nach 
jenem Vorbild begonnen haben. Welch reichen künstlerischen Schmuck der kaiserliche 
Bauherr der imposanten Burg geben ließ, die in allen Haupttheilen sich verhältnißmäßig 
gut erhielt, lehren die Edelsteinverkleidung der Wände in der Kreuz- und Katharinenkapelle, 
die Wandmalereien dieser beiden Kapellen und der Collegiatkirche, die heute noch größten 
teils am Orte der ursprünglichen Anordnung befindlichen Tafelbilder Theodorichs in 
der Kreuzkapelle und deren herrlich gearbeitetes Gitter, die Neste alter Glasmalerei und 
die in prächtiger Schmiede-Arbeit ausgeführte Thüre der Katharinenkapelle. Die Fertig 
stellung des mit sculpirten Einzelheiten nur mäßig gezierten Baues und die Vollendung 
der Innenausstattung erfolgte erst nach 1365. Daß es sich bei Karlstein um eine von der 
landesüblichen Burgenbauart abweichende Anlage handelte, läßt ein Vergleich mit anderen 
damals auf Anregung Karls IV. aufgeführten Burgen, z. B. der in allen Hauptgebäuden 
noch gut bestimmbaren Ruine Karlsberg bei Bergreichenstein, sofort feststellen. 
Wohlhabende Städte beriefen für die Aufführung ihrer Stadtkirchen bewährte 
Baumeister aus der Landeshauptstadt. So übertrug Kolin dem Dombaumeister Peter 
Parier von Gmünd den Chorbau der dortigen Bartholomäuskirche, der am 20. Januar 1360 
begonnen, aber erst zu Beginn des XV. Jahrhunderts fertig wurde. Dies sicher verbürgte 
Werk Peter Parlers, das in dem ans vier Siebenecksseiten gezogenen Schlüsse einen Pfeiler 
in die Mittellinie der ganzen Anlage rückt und den Kranz der fünf Kapellen in die Hälfte 
des Zehnecks einordnet, bekundet in dem luftig und kühn ansteigenden Oberbau mit seinen 
großen sechsseitigen Maßwerksenstern, in den mit Fialen besetzten Strebepfeilern und den 
kühn geführten, reich decorirten Strebebogen offenbar Beziehungen zum Prager Dom. 
Hier blieb der Meister im Typus der Anlage gleichsam einer Familientradition treu, 
streifte in der Ausführung Details des von seinem Vater in Gmünd geleiteten Baues und 
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