Cistercienserabt von Plaß Eugen Tittel (Tyttlj, unter welchem nebst anderen Bauten das
Stift Plaß nach einem großartig gedachten Plane erbaut wurde, und der kenntnißreiche
Franz Max Kanka, welcher, nach den ihm zugeschriebenen Bauten zu urtheileu, ein
tüchtiger Architekt war.
Eine ganz interessante, für Böhmen charakteristische Erscheinung tritt in jener Zeit
zu Tage, die Rückkehr zu gothischen Formen. Es scheint dies auch mit der, auf das
Volksthümliche hinzielenden Richtung der katholischen Propaganda jener Zeit zusammen
znhängen. Für die von den Jesuiten und spanischen Mönchen eingeführten spanischen und
italienischen Heiligen konnte sich lange das Volk, welches meistentheils erst zum katholischen
Glauben gezwungen und herangezogen werden mußte, nicht erwärmen; nun wurde die
Verehrung der alten Landespatrone, des heiligen Wenzel, Adalbert, Prokop, Ludmila,
Ivan, welchen sich als neuer der heilige Johannes von Nepomuk zugesellte, in den
Vordergrund gerückt und zugleich kamen die alten geheiligten Stätten wieder zur Geltung.
Zu diesen gehörten auch die alten Stifte, an welche sich manche Legenden knüpften und
die zum Theil noch seit der Hussitenzeit in Trümmern sich befanden, und da lag der
Gedanke nahe, sobald man an ihre Renovirung schritt, dieselbe in dem alten gothischen
Stil zu vollziehen. So entstanden die Stiftskirchen in Sedlec, Selau, Kladrau wieder,
so wurde die alte Propsteikirche des gewesenen erzbischöflichen Sitzes Raudnitz recoustruirt.
Die Gothiker dieser Zeit waren zwei Prager Bürger Franz Bayer und Johann Santini,
von denen der erstere die Kirche von Sedlec, der letztere die Kirchen zu Selau und
Kladrau wieder herstellte. In den Geist der Gothik einzudringen gelang es allerdings
nicht, selbst in das formale Wesen nicht; was früher Steinmetzarbeit war, wurde in Stucco
nachgebildet, wie es znm Beispiel bei dem, Wladislaw'sche Formen imitirenden Gewölbe
von Selau der Fall ist.
Wenn auch der Gebrauch des gothischen Stils in solchem Umfange sonst zu den
Seltenheiten gehört, so entspricht das Eingehen auf alte und fremdländische Stilarten
der Richtung jener Zeit. Namentlich war dies mit orientalischen Kunstrichtungen der
Fall, doch macht sich in Böhmen die Vorliebe für chinesische und japanische oder indische
Kunst nur etwa in Gartenhäuschen oder in der Ausstattung intimer Gemächer geltend.
Ein Meister, welcher in der Theorie den verschiedenen Stilarten gerecht zu werden
beflissen war, in der Praxis jedoch eigene Wege ging, Johann Bernhard Fischer von
Erlach, hat auch in Böhmen bedeutende Schöpfungen hinterlassen, welche seine Eigenart
und sein künstlerisches Können manifestiren. Es ist vor allen das Palais Clam-
Gallas, welches, 1707 bis 1719 erbaut, über die wuchtigen gleichzeitigen Palastbauten
jener Zeit durch seine Enrhthmie und das maßvolle Beiwerk weit hinausragt. Alle
übrigen Palastbauten aus der Zeit Josefs I. und Karls VI., das Palais Koasejovitz,