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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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Die meisten der alten Burgen stammen aus der Periode Karls I V. Die damals engen 
Beziehungen zu dem päpstlichen Hofe zu Avignon und zu Frankreich entwickelten eine unge 
wöhnliche Bauthätigkeit, welche die bisher herrschende Vorliebe für Holzbauten überwand. 
Karl selbst legte einige Burgen ganz neu an, welche sämmtlich nach ihm benannt wurden, 
meist nüchterne Bauten, die den praktischen und in gewisser Hinsicht sparsamen Kaiser zum 
Urheber haben und nur der Erhaltung der Sicherheit und des Landsfriedens wegen 
gegründet wurden. Das von ihm bei Pilsen erbaute Schloß Karlskrone (vom Volke nach 
der Örtlichkeit Radyne benannt) erscheint als das einfachste, was man sich denken kann, 
nämlich ein viereckiges Gebäude, an dem einen Ende abgerundet, an dem andern in 
einen Thurm auslaufend; es brauchte nicht größer zu sein, da es nur von einem 
Pfleger bewohnt werden sollte. Weitläufiger ist das bei Bergreichenstein liegende Schloß 
Karlsberg, insofern es ausgebreitete und langgedehnte Außenwerke besitzt, aber der Kern 
desselben, das von zwei Thürmen gekrönte Hauptgebäude ist auch nüchtern gehalten. Das 
nördlich von Frauenberg gelegene Karlshaus erscheint wieder als ein von Gebäuden 
umgebener Hof mit Kirche und Burgflecken, auffallenderweise ohne Thurm. Was an diesen 
Bauwerken erspart wurde, das wurde im reichlichsten Maße auf den Karlstein ver 
wendet, denn dieser sollte als Aufbewahrungsort der Kroninsignien alle Kronburgen an 
Festigkeit und Pracht überbieten. Die Anlage ist gewiß vom Kaiser selbst, der in allem 
und jedem persönlich eingriff und stets das Richtige traf, vorgezeichnet worden. Der Haupt 
gedanke derselben ist, einen massiven, an und für sich festen und überdies von Natur und 
Kunst befestigten Thurm durch mehrfache Außenwerke und einige Hindernisse unzugänglich 
zu machen. Deshalb sind da mehrere Thore, ehemals mit Zugbrücken versehen, und in den 
innersten Ringmauern befand sich als einziger Zugang eine enge Stiege, welche das 
Eindringen einer Masse sehr beschwerlich machte, die sonstigen Hindernisse ungerechnet. 
Auf diese Weise erscheinen die Collegiatkapelle zu St. Maria, der kaiserliche Palast und 
die Burggrafenwohnung als Nebenbauten, weit hinter dem Heiligsten, dem Thurm mit 
seiner geheiligten Kapelle, welchen kein Mann mit seiner Frau, nicht einmal der Kaiser 
mit der Kaiserin bewohnen durfte. Vier Kapellen befinden sich in dieser Burg: eine dem 
heiligen Nikolaus geweihte, zwei, zu St. Maria und St. Katharina in der Marienkirche 
und die Kreuzkapelle im Hauptthurm. Letztere als die hauptsächlichste und die Katharinen 
kapelle als die für den Kaiser allein bestimmte, wurden mit dem Schönsten und Besten, was 
Kaiser und Reich bieten konnten, ansgeschmückt. Böhmische Edelsteine in ungewöhnlicher 
Größe schmücken die Wände, sofern dieselben von Werken tüchtiger Maler nicht bedeckt 
werden. Besonders die Kreuzkapelle ist mit einem riesigen Aufwand von Geldmitteln aus 
gestattet worden. Obwohl sie theilweise ihres Schmuckes, der Edelsteine beraubt ist, obwohl 
die ehemalige Farbenpracht verblichen ist, überrascht sie dennoch den Neueintretenden,
	        
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